Entgeltausfallprinzip

Nachtarbeitszuschlag ist Bestandteil der Entgeltfortzahlung

29. April 2013

Möchte der Arbeitgeber Nachtarbeitszuschläge von der Entgeltfortzahlung ausgenommen haben, so muss er dies tarifvertraglich ausdrücklich regeln. Denn § 6 Abs. 5 ArbZG ist nur eine Auffangregelung für den Fall, dass eine solche Regelung nicht besteht.

Der Fall:
Der Kläger ist bei der Beklagten im Schichtdienst tätig. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag Nr. 3 für die Arbeitnehmer der Berliner Flughafen-Gesellschaft mbH und der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH Anwendung (im Folgenden: MTV).

§ 12 Absatz 4a  MTV lautet wie folgt:
㤠12 Arbeit an Sonn- und Feiertagen, Nachtarbeit
(…)
(4a) Als Nachtarbeit gilt die in der Zeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr auf Anordnung bzw. dienst-/schichtplanmäßig geleistete Arbeit, vorausgesetzt, dass mindestens eine halbe Arbeitsstunde in den genannten Zeitraum fällt. Für Nachtarbeit wird pro Stunde ein Zuschlag von 25% des jeweiligen Stundensatzes gezahlt.“

§ 19 des MTV  lautet auszugsweise:
„§ 19 Krankenbezüge
(…)
(2) Die Krankenbezüge werden bis zur Dauer von sechs Wochen gezahlt. Als Krankenbezüge wird die volle Vergütung gemäß § 4 Entgeltfortzahlungsgesetz weitergezahlt.“

Als der Kläger einige Tage - an denen er Nachtarbeit hätte leisten sollen - arbeitsunfähig erkrankte, zahlte die Arbeitgeberin ihm im Rahmen der Entgeltfortzahlung seine tarifliche Vergütung ohne den Zuschlag für Nachtarbeit. Sie meint, die tarifvertragliche Regelung in § 12 4a MTV entspreche wortwörtlich der Regelung des § 6 Absatz 5 Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Für § 6 Absatz 5 ArbZG sei es aber durch das Bundesarbeitsgericht anerkannt, dass Zuschläge nur für tatsächliche Arbeitsleistung zu zahlen seien.

Die Entscheidung:
Das ArbG Cottbus hat dem Arbeitnehmer die Nachtarbeitszuschläge zuerkannt.

§ 12 Absatz 4a MTV  nimmt die Nachtarbeitszuschläge nicht aus der Berechnungsgrundlage für die Entgeltfortzahlung heraus. Die Kammer ist nicht der Ansicht, dass diese in Anlehnung an die gesetzliche Regelung des § 6 Absatz 5 ArbZG nur für tatsächlich geleistete Nachtarbeit zu zahlen sind. Dass das Bundesarbeitsgericht dies so sieht, kann nach Auffassung der Kammer dahinstehen.

Aus § 6 Absatz 5 ArbZG kann nämlich gerade nicht auf die tarifvertragliche Regelung der Nachtarbeit im MTV geschlossen werden. Diese ist ersichtlich als Auffangregelung für den Fall konzipiert worden, dass tarifvertragliche Ausgleichsregelungen nicht bestehen. Damit ist § 6 Absatz 5 ArbZG gerade keine Musterregelung für eventuell gleichlautende tarifvertragliche Regelungen.

Darüber hinaus ist die Kammer auch nicht der Auffassung, dass § 12 Absatz 4a MTV dem § 6 Absatz 5 ArbZG wortgetreu nachempfunden ist. Die Regelungen sind weder inhaltsgleich noch vergleichbar. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Entstehen der Zuschläge einheitlich in § 12 MTV Nr. 3 für Sonn- / Feiertags- und Nachtarbeit geregelt werden sollte. Mit § 12 MTV  ist damit die vom Gesetzgeber gewollte, nach § 6 Absatz 5 ArbZG vorrangige tarifliche Ausgleichsregelung geschaffen worden. Ein Rückgriff auf § 6 Absatz 5 ArbZG ist daher nicht erforderlich.

Die Bezugnahme in § 12 Absatz 4a MTV auf die geleistete Arbeit ist auch nicht dahingehend zu verstehen, dass Zuschläge nur für tatsächlich geleistete Arbeit und nicht in Zeiten der Krankheit zu zahlen sein sollen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Zuschläge für belastende Arbeit an deren grundsätzliche Erbringung gekoppelt sind. Es liegt aber auch in der Natur des Entgeltausfallprinzips, dass der erkrankte Arbeitnehmer so gestellt wird, als ob er gearbeitet hätte.

Quelle:
ArbG Cottbus, Urteil vom 04.04.2013,
Aktenzeichen: 3 Ca 1851/12

(c) bund-verlag.de (ts)

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