Personalratsarbeit

Stolperfallen für den Personalrat

16. Februar 2016

Ein bei einer Versetzung zuständiger Personalrat bleibt trotz Wahlanfechtung im Amt, bis eine gerichtliche Entscheidung formell zugestellt ist. Außerdem sind Zustellungsverweigerungen bis zur höchstgerichtlichen Klärung der Rechtsfrage im Auswahlverfahren beachtlich. So das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg hatte gleich mehrere für die praktische Personalratsarbeit wichtige Fragen zu klären.

Personalrat überhaupt noch im Amt?

Zunächst mussten sich die Berliner Richter damit befassen, ob der Personalrat überhaupt noch im Amt und damit beschwerdefähig war. Denn die Beschwerde hatte das Gremium am 25.2.2015 eingelegt – einen Tag, nachdem ihm per Fax ein Beschlusstenor des Bundesverwaltungsgerichts erreicht hatte, der die Wahlanfechtung des Personalrats bestätigte. Das war allerdings unbeachtlich, wie das OVG feststellte.

Diese Entscheidung werde erst rechtskräftig, wenn der Beschluss zugestellt worden sei – das Fax ersetze die formell erforderliche Zustellung nicht. Bis zur Zustellung ist der Personalrat – trotz Kenntnis der Entscheidung – voll handlungs- und beschwerdefähig.

Zustimmung verweigert?

Eine weitere Frage war, ob der Personalrat seine Zustimmung zu einer Versetzung einer Jobcenter-Mitarbeiterin erteilt oder verweigert hatte. In einem ersten Schreiben an die zuständige Dienststellenleitung hatte das Gremium die Zustimmung verweigert und die Gründe dafür schriftlich dargelegt. In einem Musterformular, das ebenfalls an die Dienststellenleitung ging, war »Zustimmung« angekreuzt, worauf sich die Dienststellenleitung im späteren Gerichtsverfahren berief.

Das OVG stellte klar, dass die Situation hier – trotz der unterschiedlichen Aussagen – eindeutig sei: »Erhält eine Dienststellenleitung zunächst eine schriftlich begründete Zustimmungsverweigerung und folgt dem später auf dem rücklaufenden Formular der Mitbestimmungsvorlage die vermeintliche Mitteilung der Zustimmung, so darf sie ohne Weiteres nicht davon ausgehen, dass die Zustimmungsverweigerung irrtümlich erfolgte oder aber nachträglich durch eine Zustimmung abgelöst wurde.« Hätte der Personalrat seine Meinung geändert, hätte er dies ebenfalls schriftlich mitgeteilt, so das Gericht. Der Dienststellenleitung hätte es sich aufdrängen müssen, dass ein Irrtum beim Ankreuzen des Formulars vorliege, und kein Meinungswandel.

Daneben sprach für eine Zustimmungsverweigerung, dass der Personalrat seine Begründung fristgerecht und schriftlich (§ 69 Abs. 2 Sätze 3 und 5 BPersVG) abgegeben hatte. Dazu führt das OVG aus: »Die Dienststellenleitung darf eine fristwahrend gegebene Zustimmungsverweigerung nur dann für unbeachtlich halten und annehmen, die Maßnahme gelte nach der eben genannten Vorschrift als gebilligt, wenn die schriftliche Begründung offensichtlich außerhalb des jeweiligen Mitbestimmungstatbestandes liegt. In Personalangelegenheiten nach § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG muss es das Vorbringen des Personalrats mindestens als möglich erscheinen lassen, dass einer der dafür zugelassenen und in § 77 Abs. 2 BPersVG abschließend geregelten Verweigerungsgründe gegeben ist.«

Das war hier der Fall, da der Personalrat im Zusammenhang mit der Mitbestimmung über die Versetzung und Zuweisung einer Mitarbeiterin das Auswahlverfahren gerügt und unter anderem geltend gemacht hatte, dass in einem Fall die Schwerbehindertenvertretung am Verfahren nicht hinreichend beteiligt worden sei. Jedenfalls deute nichts auf einen Missbrauch des Verweigerungsrechts hin, so das OVG.

Personalrat überhaupt zuständig?

Ein weiteres Problem des Falles lag darin, ob der Personalrat des Jobcenters überhaupt für die betreffende Auswahlprüfung zuständig war. Mehrere Möglichkeiten kommen bei einem Personalwechsel von einer zur anderen Behörde – wie hier – in Betracht. Das OVG führt aus: »Der Rechtsträger könnte die Auswahl treffen und nur die ausgewählte Person dem Jobcenter zur Zuweisung anbieten. Stattdessen kann das Jobcenter auswählen und nur die ausgewählte Person zwecks Zuweisung anfordern. So war die Praxis im vorliegenden Fall.

Die Aufteilung des Mitbestimmungstatbestands der Zuweisung in einen abgebenden und aufnehmenden Teil (BVerwG, Beschluss vom 24. September 2013 – 6 P 4.13 – BVerwGE 148, 36 Rn. 19 ff.) erlaubt derjenigen Personalvertretung, die der für die Auswahl zuständigen Dienststelle angehört, eine Mitprüfung der Bestenauslese. Die Zuständigkeit des Jobcenters hat den Vorteil, dass die von dessen Geschäftsführer getroffene Auswahl zugunsten einer bereits im Jobcenter tätigen Dienstkraft, bei der die Zuweisung nicht mehr nötig ist, vom dortigen Personalrat in einem Fall des § 75 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG (Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit u.a.) noch mitgeprüft werden kann.«

Selbst wenn das zur Klärung dieser Frage angerufene Verwaltungsgericht nicht die Rechtsauffassung des Personalrats teilt, der sich – wie hier – zur Mitbestimmung berufen hält, kann die Zustimmungsverweigerung bis zur höchstgerichtlichen Klärung der Rechtsfrage beachtlich sein.

Quelle:

OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30.10.2015
Aktenzeichen: OVG 62 PV 6.15
Landesrechtsprechungsdatenbank Berlin-Brandenburg

© bund-verlag.de (mst)

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