Den digitalen Wandel human ausrichten

02. Januar 2017
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Quelle: carloscastilla_Dollarphotoclub

Der DGB hat die Beschäftigungsentwicklung im öffentlichen Dienst untersucht und den Personalreport 2016 vorgelegt. Mirjam Muhs, Politische Referentin beim Spitzenverband, spricht in der Zeitschrift »Der Personalrat« 12/2016 über Arbeitsverdichtung und fehlende Mitspracherechte bei der Digitalisierung. Hier ihre Forderungen.

Bund-Verlag: Aktuell sind laut Personalreport rund zwei Millionen weniger Menschen im öffentlichen Dienst beschäftigt als noch vor 25 Jahren – wie wirkt sich dieser massive Personalabbau aus?

Mirjam Muhs: Der Personalabbau geht einher mit einer erheblichen Veränderung der Beschäftigungsstruktur: Teilzeitbeschäftigung wurde zu Lasten von Vollzeitarbeitsplätzen bedeutend ausgeweitet. Der Altersdurchschnitt der Beschäftigten stieg stark an und Befristungen nahmen zu. In vielen Sektoren wuchs der Umfang der Aufgaben. Diese Faktoren zusammen führen dazu, dass Beschäftigte zunehmend unter Arbeitsverdichtung leiden.

Was ist besonders bedenklich?

Durch die Digitalisierung verändern sich Arbeitsabläufe und -intensität erheblich. Die neuesten Zahlen des DGB-Index Gute Arbeit (Report 2016) zeigen, dass Arbeit 4.0 kein Selbstläufer in Richtung einer humaneren Arbeitswelt ist. Fast die Hälfte aller Betroffenen berichtet von einer Zunahme ihrer Arbeitsbelastung aufgrund der Digitalisierung. Weniger als zehn Prozent werden entlastet. Viele Beschäftigte kritisieren das fehlende Mitspracherecht beim Einsatz digitaler Anwendungen. Jeder Zweite fühlt sich dieser Entwicklung sogar ohnmächtig ausgesetzt. Der öffentliche Dienst steht hier nicht besser da als andere Branchen. Flexible Arbeitszeiten nutzen häufig einseitig den Dienstherren und Arbeitgebern. Die Chancen einer Flexibilisierung durch Digitalisierung müssen aber auch den Beschäftigten zugutekommen. Digitalisierung braucht dringend einen Gestaltungsrahmen.

Was fordert der DGB?

Eine zukunftsfähige Personalpolitik. Dazu gehört eine bedarfsgerechte Stellenausstattung auf der Grundlage regelmäßiger Personalstrukturanalysen ebenso wie ein Ende der sachgrundlosen Befristungen. Es liegt in der Verantwortung der Arbeitgeber und Dienstherren, den Teufelskreis aus Überlastung und hohem Krankenstand zu durchbrechen. Aus unserer Sicht sind ein eigenes Budget für Gesundheitsmanagement und eine gesunde Arbeitszeitgestaltung unabdingbar. Wir fordern außerdem einen Rechtsanspruch der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen zur Steigerung der Digitalkompetenzen

Arbeit 4.0 und Digitalisierung werden oft im Zusammenhang mit Job-Unsicherheit genannt. Was lehrt uns die Entwicklung der letzten Jahre?

Wir müssen die Digitalisierung gestalten. Gestaltung solchen Wandels ist gewerkschaftliches Kerngeschäft seit jeher.

Zur Person: Mirjam Muhs, Politische Referentin Abteilung Öffentlicher Dienst und Beamtenpolitik beim DGB-Bundesvorstand, Berlin.

© bund-verlag.de (mst)

Lesetipp der Online-Redaktion:

»Digitalisierung - Personalrat 4.0«

In dem Beitrag zeigt Prof. Dr. Wolfgang Däubler in der »Computer und Arbeit (CuA)« 12/2016 die konkreten rechtlichen Möglichkeiten der betrieblichen Interessenvertretung auf.

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