Arbeitszeit

Vergütungspflicht von Umkleidezeiten kann ausgeschlossen werden

22. November 2021
Auto Reparatur Werkstatt Mechaniker Kleidung Arbeitskleidung
Quelle: Pixabay.com/de | Bild von Hannes Edinger

Umkleidezeiten sind im Grundsatz Arbeitszeit und damit vergütungspflichtig. Allerdings kann der Anspruch auf Vergütung durch Tarifvertrag ausgeschlossen werden – so das BAG.

Immer wieder ist vor Gerichten streitig, ob Umkleide- und Wegezeiten vergütungspflichtige Arbeitszeit sind. Die Gerichte haben einiges geklärt. Viele Fragen sind allerdings noch offen.

Das war der Fall

Der Mechaniker ist bei einem Betrieb angestellt, für den ein Manteltarifvertrag mit der IG Metall besteht. Der Mechaniker ist aufgrund Betriebsvereinbarung verpflichtet, eine persönliche Schutzausrüstung anzulegen und während der Arbeit zu tragen. Hierzu legt er innerbetriebliche Wege zurück. Diese Umkleide- und Wegezeiten fallen außerhalb der schichtplanmäßigen Arbeitszeit an und werden vom Arbeitgeber nicht vergütet. Hiermit war der Mechaniker nicht einverstanden und verlangte von seinem Arbeitgeber eine Vergütung der Umkleide- und innerbetrieblichen Wegezeiten, hilfsweise eine Zeitgutschrift.

Das sagt das Gericht

Das BAG kommt zu dem Ergebnis, dass die Umkleide- und Wegezeiten grundsätzlich zwar vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611a Abs. 2 BGB darstellen, denn das Umkleiden beruhe auf der Anweisung des Arbeitgebers und sei Teil der fremdnützigen Tätigkeit des Arbeitnehmers. Daher müsste es eigentlich Arbeitszeit und damit vergütungspflichtig sein.

Aber: Durch Arbeits- oder Tarifvertrag könne eine gesonderte Vergütungsregelung für Umkleide- und Wegezeiten getroffen werden. Die Auslegung des Tarifvertrags ergebe hier, dass die Tarifvertragsparteien eine solche Vergütungspflicht ausgeschlossen haben, sodass die Vergütungspflicht des Arbeitgebers für Umkleide- und Wegezeiten entfällt. Dem Mechaniker sei auch keine Zeitgutschrift zu gewähren.

Einen Verstoß gegen die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes gem. § 3 Abs. 3 ArbSchG hat das BAG verneint. Die Umkleide- und Wegezeiten beruhen zwar auf der Anweisung des Arbeitgebers und stellen zudem eine Maßnahme des Arbeitsschutzes dar. Dem Beschäftigten würden durch das An- und Ablegen der Schutzkleidung jedoch keine Kosten entstehen. Als Kosten im Sinne der Vorschrift seien lediglich Aufwendungen für Sachmittel zu verstehen. Der Aufwand von Zeit erfülle demnach den Kostenbegriff nicht.

Was regelte der Manteltarifvertrag?

Der Ausschluss der Vergütung der Umkleide- und Wegezeiten war im Manteltarifvertrag nicht definiert. Es hieß lediglich, dass geleistete Arbeit und Arbeitsbereitschaft bezahlt werde, es sei denn, dass durch Tarifverträge andere Regelungen getroffen seien. Geregelt war u.a., dass den Beschäftigten eine tägliche Waschzeit von bis zu 20 Minuten gewährt wurde, sofern sie besonders schmutzige Arbeiten verrichten. Da für diese sogenannte „Zusammenhangstätigkeit“ eine explizite Regelung getroffen wird, war aus Sicht des BAG durch Auslegung des Manteltarifvertrages darauf zu schließen, dass andere Zusammenhangstätigkeiten, wie Umkleide- und Wegezeiten, keine zu vergütende Arbeitszeit darstellen, da es hierzu eben keine tarifvertraglichen Regelungen gibt.  

Das muss die Interessenvertretung wissen

Durch einen Tarifvertrag kann die Vergütungspflicht des Arbeitgebers für Zusammenhangstätigkeiten ausgeschlossen werden. Dies kann sich, wie der obige Fall zeigt, auch durch Auslegung des Tarifvertrages ergeben. Klare Formulierungen im Tarifvertrag sind daher wichtig, um eine eindeutige Regelung zwischen den Vertragsparteien herbeizuführen.

© bund-verlag.de (jv)

Quelle

BAG (21.07.2021)
Aktenzeichen 5 AZR 572/20
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