Sonderpreis Gute Arbeit - Deutscher Betriebsräte-Preis 2009

2009 Sp Gute Arbeit

Projekt: »Gute Arbeit« – Verbesserung der Arbeitsbedingungen
Bewerber/in: Betriebsrat der Postbank Filialvertrieb München AG
Beschäftigtenzahl: 900
Branche: Bankensektor
Gewerkschaften: ver.di

 

Stichworte zum Projekt

  • Abfrage der Problembereiche der Belegschaft
  • Gemeinsames Angehen der Probleme von Geschäftsführung und Betriebsrat
  • Betriebsvereinbarung »Potenzialförderung«

Motiv

Nach dem Verkauf von 850 Postfilialen an die Postbank im Jahr 2006 hatte sich viel bei der Postbank Filialvertrieb AG in München verändert. Aus den früheren Angestellten und Beamten im Schalterdienst der Post sollten innerhalb kürzester Zeit »richtige« Banker werden, die zusätzlich zu Post- nun hauptsächlich auch Finanzdienstleistungen anbieten sollten.
Es häuften sich die gesundheitlichen Probleme und Beschwerden der Beschäftigten. Die Krankheitsquote von 10% zeigte dringenden Handlungsbedarf. Gemeinsam mit ver.di beschloss der Betriebsrat etwas gegen diese Problematik zu unternehmen.
Das Prädikat »Gute Arbeit« sollte die Tätigkeiten in der Postbank in München auszeichnen, da war sich der Betriebsrat einig. Aber ob die Beschäftigten im Filialvertrieb in München ihre Arbeit auch so bezeichnen würden?
Aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs wurde die Unfallkasse Post und Telekom (UKPT) eingeschaltet und nahm eine Arbeitsumfelduntersuchungvor. Diese Untersuchung brachte die unterschiedlichsten Belastungen zu Tage:

  • Zu wenig Zeit
  • Großer Vertriebsdruck
  • Unrealistische Vorgaben
  • Überzogene Kontrollen
  • Wenig Produktinformationen
  • Preisträger Gute Arbeit 45
  • Ungenügende Fort- und Weiterbildungen
  • Dürftiges Lob
  • Langes Stehen
  • Ausfall der vorgeschriebenen Kurzpausen
  • Probleme mit Hard- und Software
  • Veraltetes Mobiliar
  • Mangel an Sauberkeit und Hygiene
  • Keine bzw. ungenügende Partizipation

Zwar äußerte sich ein Großteil der Befragten positiv und zufrieden über seine originären Arbeitsaufgaben, zeigte sich allerdings enttäuscht, dass die menschliche Seite des Unternehmens und das Interesse an seinen Beschäftigten zunehmend verloren ginge. Das konnte der Betriebsrat natürlich nicht so stehenlassen.

Vorgehen

Nach dieser umfangreichen Analyse wurde intensiv das Gespräch mit dem Arbeitgeber gesucht. Zur Lösung der oben genannten Probleme wurden regelmäßige Treffen zwischen Arbeitgeber, Betriebsrat, Beschäftigten, ver.di und der UKPT vereinbart, um sich auszutauschen und auf dem Laufenden zu halten. Neben der Filiale in München konnten zwei weitere Betriebe in Nürnberg und Stuttgart für das Projekt gewonnen werden.
Der Betriebsrat ging nun noch weiter auf die Suche nach Partnern für das Projekt der »Guten Arbeit«. Krankenkassen, Postbetriebsärzte oder auch Berufsförderwerke so viele weitere Akteure wurden angesprochen.

Ergebnisse

Viele der angestrebten Maßnahmen konnten bereits umgesetzt werden, an anderen wird noch gearbeitet. Dass der Betriebsrat auch bei den weiteren Ideen nicht locker lassen wird, scheint sicher zu sein.
Bis zum Frühjahr 2009 waren folgende neue Maßnahmen bereits installiert:

  • Einführung von Stehhilfen und Sackkarren in allen Filialen
  • Gutachten zur und Optimierung der Klimaanlagen
  • Entrümpelungstage in den Filialen
  • Weiterbildungsprojekt mit ver.di: Weiterbildung zur Bankkauffrau/-mann mit IHK-Abschluss (Finanzierung durch Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit–Projekt WeGeBau). Von Seiten des Betriebsrats wurde die Finanzierung mit der Arbeitsagentur vereinbart und der Arbeitgeber vor vollendete Tatsachen gestellt.
  • Personengebundene Zuschläge für schwerbehinderte KollegInnen und deren Umsetzung
  • Weiterbildungsseminar »Filialleiter«
  • Strikte Einhaltung von Führungselementen zum Abbau des Vertriebsdrucks

Außerdem konnte eine Betriebsvereinbarung zum Thema »Potenzialförderung von Beschäftigten der Postbank Filialvertrieb AG, Betrieb München« erarbeitet werden. Ziel der Betriebsvereinbarung ist es, allen Beschäftigten die für ihren Aufgabenbereich erforderliche Qualifizierung zu ermöglichen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Überforderung durch mangelnde Qualifizierung zu schützen sowie dem Unternehmen durch fortgebildete Arbeitnehmer höhere Erträge zu ermöglichen. Dies umfasst unter anderem spezifische Fördermaßnahmen für Beschäftigte mit geringer Arbeitsleistung sowie Weiterbildungsangebote für weiterführende Aufgaben. Damit soll sowohl der wiederholte Einkauf von externem Sachverstand begrenzt als auch ein internes Förderungs- und Weiterbildungsprogramm aufgebaut werden.