Arbeitskleidung

Reinigen ist Chefsache

13. Juli 2016

In Lebensmittel verarbeitenden Betrieben muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die Beschäftigten saubere und geeignete Hygienekleidung tragen. Zu seinen Pflichten gehört auch das Reinigen dieser Kleidung auf eigene Kosten.

Schlachthof-Betreiber zieht Reinigungskosten ab

Der Arbeitgeber betreibt einen Schachthof. Er stellt den Arbeitnehmern, die das Fleisch verarbeiten, weiße Hygienekleidung zur Verfügung und lässt diese auch reinigen. Die Reinigungskosten wollte der Arbeitgeber auf die Belegschaft abwälzen und zog den Beschäftigten monatlich rund zehn Euro vom Nettolohn ab.

Es bestand keine arbeitsvertragliche oder betriebliche Vereinbarung, nach der die Arbeitnehmer die Reinigungskosten zu tragen haben. Die monatlichen Abzüge wollte ein Arbeitnehmer nicht hinnehmen und klagte auf Nachzahlung des Betrags für die vergangenen Monate. Der Arbeitnehmer gewann und erhielt rückwirkend knapp 400 Euro an abgezogenen Reinigungskosten.

Arbeitgeber ist selbst zur Reinigung verpflichtet

Die Richter entschieden, dass der Arbeitgeber die Kosten für das Reinigen der Hygienekleidung zu bezahlen hat. Die Kosten sind von demjenigen zu tragen, in dessen Interesse diese vorgenommen wurden. Der Arbeitgeber hatte die Reinigungskosten nicht im Interesse der Arbeitnehmer, sondern im Eigeninteresse aufgewendet, um eine eigene Rechtspflicht zu erfüllen.

Das BAG verwies auf eine EU-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 852/2004 vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene). Nach der Verordnung müssen Personen, die in einem Bereich arbeiten, in dem mit Lebensmitteln umgegangen wird, geeignete und saubere Arbeitskleidung tragen. Der Arbeitgeber hatte daher für geeignete und saubere Kleidung zu sorgen.

Die Vorschrift gilt aber nur für den Sonderfall der Hygienekleidung in der Lebensmittelproduktion. Die EU-Verordnung ist aber nicht die einzige einschlägige Rechtsgrundlage. Schon § 618 BGB stellt klar, dass Schutzkleidung, die aus hygienischen Gründen getragen werden muss vom Arbeitgeber gestellt und gereinigt werden muss (so schon das LAG Niedersachsen v. 11.06.2002- 3 Sa 350/02 und LAG Düsseldorf v. 26.04.2001- 13 Sa 1804/00).

Praxistipp:Kann der Arbeitgeber Reinigungskosten auf den Arbeitnehmer umlegen?

Im hier entschiedenen Fall enthielten die Arbeitsverträge keine Klausel zur Frage der Reinigungskosten. Dazu bestand auch keine Betriebsvereinbarung. Daher mussten die Richter nicht entscheiden, ob der Arbeitgeber seine Kosten wirksam auf den Arbeitnehmer abwälzen konnte.

Verwendet der Arbeitgeber standardmäßig eine Klausel im Arbeitsvertrag, mit der die Reinigungskosten dem Arbeitnehmer auferlegt werden, unterliegt diese den Vorschriften für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB).

Eine Vorschrift, mit der die Kostentragungspflicht auf die Arbeitnehmer umgelegt wird, wäre bei Hygienekleidung nach § 307 BGB unwirksam. Denn die Schutzkleidung müssen die Arbeitnehmer tragen, weil der Arbeitgeber dazu öffentlich-rechtlich verpflichtet ist, um seinen Betrieb führen zu können. Eine Abwälzung wäre daher eine unbillige Belastung der Arbeitnehmer.

Kein Lohnabzug ohne Rechtsgrundlage

Das BAG hätte möglicherweise anders entschieden, wenn die Arbeitskleidung nicht der Erfüllung hygienischer Vorschriften gedient hätte. Dennoch könnten Arbeitnehmer sich dagegen wehren, wenn der Arbeitgeber Reinigungskosten ohne rechtliche Grundlage vom Lohn abzieht. Auch wenn der Arbeitgeber eine Reinigungspauschale aufgrund einer arbeitsvertraglichen Regelung abzieht, kann diese unzulässig sein.

Hier sollte man sich rechtlichen Rat besorgen. Ist die Schutzkleidung aus Gründen des Arbeitsschutzes notwendig, kann ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bestehen und der Betriebsrat könnte sich für die Arbeitnehmer stark machen, indem er über eine Betriebsvereinbarung verhandelt.

Lesetipp:

Arbeitskleidung: »Kein Zankapfel mehr« von Achim Thannheiser in AiB 4/2014, S. 58-61 .

BAG, 14.06.2016 - 9 AZR 181/15Bettina Krämer LL.M., DGB Rechtsschutz GmbH
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