Arbeitszeit

Gute Arbeitszeitregelungen durchsetzen

13. Mai 2022
Handbuch Arbeitszeit

Das neu erschienene »Handbuch Arbeitszeit« zeigt, wie das geht! Die Autorinnen und Autoren erläutern alle Kernthemen rund um die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie – einschließlich der neuen Tarifregelungen aus 2021 zur Beschäftigungssicherung und weiterer aktueller Themen inklusive Mitbestimmung. Alle Kapitel behandeln außerdem Fragen aus der Praxis. Im Folgenden lesen Sie als Vorgeschmack Antworten zu fünf aktuellen Praxisfragen.

1. Wie sieht die Mitbestimmung des Betriebsrats bei Kurzarbeit aus?

Der Betriebsrat besitzt bezüglich Kurzarbeit ein Initiativrecht und kann z. B. im Fall drohender Entlassungen gegenüber dem Arbeitgeber die Einführung von Kurzarbeit einfordern (BAG 4. 3. 1986 – 1 ABR 15/84). Er kann die Einigungsstelle anrufen, wenn der Arbeitgeber seine Zustimmung verweigert. Dies ergibt sich aus § 87 Abs. 2 BetrVG.

Bei der Einführung von Kurzarbeit besitzt der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Auch hinsichtlich der Lage und Verteilung der verkürzten Arbeitszeit besteht ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Dabei sind die Regelungen in den regionalen Manteltarifverträgen über Kurzarbeit zu beachten. Diese weisen in der Regel die genaue Ausgestaltung der Kurzarbeit den Betriebsparteien zu.

(Siehe Kapitel »Arbeitszeit und Beschäftigungssicherung«)

2. Wie ist das Verhältnis der Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung und der gesetzlichen Kurzarbeit?

Die Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung sind ursprünglich als ergänzendes Instrument zur Kurzarbeit entstanden. Daraus lässt sich ein Vorrang der Kurzarbeit vor Anwendung der Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung herleiten, der in einigen Tarifgebieten auch explizit festgeschrieben ist.

Sowohl die Kurzarbeit als auch die Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung sollen eine Senkung der Personalkosten und die Vermeidung von Entlassungen erreichen. Dennoch ergeben sich signifikante Unterschiede: Die Einführung von Kurzarbeit stellt ein betriebliches Instrument zur Absenkung der Arbeitszeit dar und unterliegt der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, der Betriebsrat hat ein Initiativrecht. Die Absenkung der Arbeitszeit über die Tarifverträge zur Beschäftigungssicherung ist dagegen ein tarifliches Instrument und kann daher nicht über die betriebsverfassungsrechtliche Einigungsstelle erzwungen werden. Stattdessen ist für den Konfliktfall (bei einer Absenkung bis zu 12 Monaten) ein tarifliches Schlichtungsverfahren vorgesehen.

(Siehe Kapitel »Arbeitszeit und Beschäftigungssicherung«)

3. Welche Regelungen gibt es über betriebliche Zukunftstarifverträge?

Energiewende, Mobilitätswende, Klimaschutz und Digitalisierung verändern die Arbeitsplätze in der Industrie. Unternehmen brauchen Konzepte für die Zukunft. Zukunftstarifverträge regeln, wie Betriebe sich erfolgreich für die Zukunft aufstellen und welche Maßnahmen hierfür zu treffen sind.

Die IG Metall konnte dafür in der Tarifrunde 2021 verbindliche Verfahrensregelungen über Betriebliche Zukunftstarifverträge festlegen, die als firmenbezogene Ergänzungstarifverträge vereinbart werden können.

Systematisch sind diese Regelungen mit den Bestimmungen über betriebliche Ergänzungstarifverträge (sog. »Pforzheim-Regelungen«) in einem Tarifvertrag zusammengefasst, teilweise finden sie sich auch in den Tarifverträgen zur Beschäftigungssicherung. Die Regelungen selbst unterscheiden sich inhaltlich zum Teil, da sie in einigen Tarifgebieten in eigenständigen Verhandlungen entwickelt wurden.

Mögliche Inhalte betreffen Themen, wie sie auch in betrieblichen Standort- und Beschäftigungssicherungsverträgen, Sozialtarifverträgen oder Tarifverträgen über Rationalisierungsschutz üblich sind oder waren, etwa zum Veränderungsmanagement, zur Standort- und Beschäftigungsentwicklung, zur Qualifizierung, zur Sicherstellung der Beteiligung des Betriebsrats und der Beschäftigten.

Es liegt auf der Hand, dass für jedes Unternehmen und entsprechend dessen jeweiliger Situation eigene Lösungsansätze und thematische Schwerpunkte entwickelt werden müssen. Dazu werden im Handbuch beispielhaft betriebliche Tarifbestimmungen aufgeführt.

(Siehe Kapitel »Arbeitszeit und Beschäftigungssicherung«)

4. Worauf ist bei Mobiler Arbeit und Homeoffice zu achten?

Bei Mobiler Arbeit wird die arbeitsvertragliche Tätigkeit zeitweise oder regelmäßig außerhalb des Betriebs geleistet. Bereits mit dem Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie 2018 wurden tarifliche Rahmenregelungen für mobile Arbeit vereinbart, um Gefährdungen entgegenzuwirken, die Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Arbeit und persönlicher Lebensführung zu verbessern und den Verfall von außerhalb des Betriebs geleisteter Arbeitszeit zu verhindern. Die tariflichen Rahmenbedingungen wirken dabei nach dem Wenn-Dann-Prinzip: Wenn in einem Betrieb eine freiwillige Betriebsvereinbarung zu mobiler Arbeit abgeschlossen wird, greifen die vereinbarten Bedingungen und gehen den tarifvertraglichen vor. Wird eine solche Betriebsvereinbarung geschlossen, sind in ihr die Voraussetzungen (Muss-Bestimmungen) des mobilen Arbeitens zu regeln. Dazu gehört, dass sich Beschäftigte und Führungskräfte über die individuelle Lage, den Zeitraum und die Häufigkeit des mobilen Arbeitens verständigen. Empfehlenswert ist, dass zusätzlich in der Betriebsvereinbarung die generellen Zeitfenster, in denen mobil gearbeitet werden kann, geregelt werden. Dazu gehört insbesondere auch die Bestimmung, dass jegliche Arbeitszeit, die im Rahmen von mobiler Arbeit geleistet wird, dokumentiert und erfasst werden muss.

Bei Homeoffice wird regelmäßig oder überwiegend zu Hause und in der Regel im Netz gearbeitet. Grundsätzlich gelten die gleichen tariflichen und gesetzlichen Regelungen für Homeoffice-Beschäftigte wie für die Beschäftigten im Betrieb, also auch die Regelungen des Arbeitsschutzgesetzes und des Arbeitszeitgesetzes. Auch für die Beschäftigten im Home-Office ist es wichtig, dass ihre Arbeitszeit erfasst wird. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats über die Lage und Verteilung der Arbeitszeit gilt in gleicher Weise. Der Verweis auf die Arbeitszeitregelungen im Betrieb reicht aber nicht aus, er wird der praktischen Situation der Arbeit im Homeoffice nicht gerecht. Deshalb ist es sinnvoll, eine Betriebsvereinbarung über die Arbeitsbedingungen für Beschäftigte mit einem Homeoffice-Arbeitsplatz zu schließen.

(Siehe Kapitel »Mobile Arbeit und besondere Arbeitszeiten«)

5. Mein Kind wird plötzlich krank. Welche Möglichkeiten habe ich, um der Arbeit fern bleiben zu können?

Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen (§ 45 SGB V) kann bei einer ärztlich attestierten Erkrankung von Kindern auch kurzfristig eine Freistellung von der Arbeit beantragt werden. Wenn also morgens vor Arbeitsbeginn die Krankheit eines Kindes festgestellt wird, besteht das Recht, nach Information des Arbeitgebers, der Arbeit fern zu bleiben. Für diese Zeit besteht allerdings kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, sondern lediglich auf Krankengeld, das von der jeweiligen Krankenkasse ausgezahlt wird. Der Anspruch auf Krankengeld besteht in jedem Kalenderjahr für jedes Kind längstens für zehn Arbeitstage. Teilweise ergänzen die regionalen Manteltarifverträge diese gesetzlichen Bestimmungen.

(Siehe Kapitel »Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben«)

© bund-verlag.de (fk)

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