Karneval und Arbeitsrecht

Gleich vorab: Narrenfreiheit im Job herrscht auch an Karneval nicht. Wer auf die närrische Zeit anstoßen will, sollte zunächst klären, ob Alkohol am Arbeitsplatz erlaubt ist. Denn der Arbeitgeber kann aufgrund seines Weisungsrechts bestimmen, dass während der Arbeit nichts Alkoholisches getrunken werden darf. Auch darüber, ob Kostüme am Arbeitsplatz erlaubt sind oder Freizeit zu den Karnevalsumzügen gewährt wird, muss in der Regel vor Ort entschieden werden – aber der Betriebsrat kann in einigen Punkten Einfluss nehmen.
Kostümiert ins Büro?
Ob ein Arbeitnehmer verkleidet zur Arbeit kommen oder es dort bleiben darf, hängt vom jeweiligen Arbeitsplatz ab, insbesondere davon, ob man Kundenkontakt hat. »Die meisten Menschen dürften kein Problem damit haben, wenn ihnen ein Verkäufer mit Clownsnase die Brötchen oder Krapfen überreicht, bei einem Bankberater mag dies anders aussehen« sagt Dr. Till Bender vom DGB-Rechtsschutz.
Natürlich gelten an den »Tollen Tagen« auch sämtliche Vorschriften zu Hygiene, Gesundheit und Arbeitsschutz. Unerlässlich ist beispielsweise das Tragen von Schutzkleidung, wo diese vorgeschrieben ist – wer auf einer Baustelle arbeitet, sollte seinen Schutzhelm keinesfalls gegen eine Narrenkappe eintauschen, ebenso verbieten sich etwa Federkostüme, wo mit Lebensmitteln gearbeitet wird.
Mitbestimmung im Karneval?
Einige Fragen rund um den Karneval sind mitbestimmungsrelevant, das heißt, der Betriebsrat kann im Sinne der Belegschaft darüber verhandeln, ob, wann und wie im Betrieb Karneval stattfinden darf.
- Fragen der »Ordnung im Betrieb« sind mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Dazu zählt etwa die Frage, ob Radiohören im Betrieb verboten werden soll oder ob zu bestimmten Zeiten Alkohol im Betrieb konsumiert werden darf, beziehungsweise der Alkoholkonsum untersagt wird. Nur wenn es keinen Betriebsrat gibt, kann der Arbeitgeber Fragen der »Ordnung im Betrieb« eigenmächtig regeln.
- Auch der Arbeitsschutz ist mitbestimmungspflichtig (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). Das kann etwa relevant sein, wenn der Arbeitgeber Karnevalsverkleidungen generell verbieten will wenn oder festgelegt werden soll, was die Mitarbeiter tragen dürfen, ohne Hygienevorschriften zu verletzen oder ihre Schutzkleidung zu beeinträchtigen.
- Eine Betriebsvereinbarung kann regeln, ob an bestimmten Tagen, z. B. Rosenmontag und Faschingsdienstag, Anspruch auf Arbeitsbefreiung besteht oder ein Art »Sonderurlaub« gewährt wird.
Alkohol im Betrieb?
Das Verbot kann auch für die Pausen gelten, soweit sie im Betrieb stattfinden. Da ein Alkoholverbot zu den Fragen der Ordnung im Betrieb gehört, muss der Betriebsrat – nach§ 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmen (vgl. BAG v. 12.2.1990 - 1 ABR 11/89, nachzulesen in der AiB 1991, S. 272). Halten sich Beschäftigte nicht an das Alkoholverbot, kann das böse Folgen haben: Sie riskieren eine Abmahnung und im Fall eines erneuten Verstoßes auch eine verhaltensbedingte Kündigung.
Keine Grenzen überschreiten
Auch ansonsten ist Zurückhaltung geboten: So sollte man etwa davon absehen, dem Chef mal richtig die Meinung zu sagen – nur weil man grade so schön in Stimmung ist. Grobe Beleidigungen können schlimmstenfalls zur fristlosen Kündigung führen. Und auch wenn bei vielen Feiernden die Hemmungen in sonstiger Hinsicht sinken: Grapschen und anzügliche Witze sollten auch im Fasching tabu sein – bei sexueller Belästigung muss der Arbeitgeber einschreiten.
Teilnahme auch für Freigestellte
Arbeitnehmer dürfen grundsätzlich auch an betrieblichen Feiern wie dem Karneval teilnehmen, wenn sie aufgrund eines Rechtsstreits oder wegen einer Kündigung von der Arbeit freigestellt sind (ArbG Köln 22.06.2017 – 8 Ca 5233/16).
Wer krank ist, muss zu Hause bleiben!
Darauf weist der DGB-Rechtsschutz hin: Wer arbeitsunfähig krank geschrieben ist, muss jedes Verhalten vermeiden, das seiner Genesung abträglich sein kann – das schließt auch die Teilnahme an Karnevalsfeiern mit ein, insbesondere wenn diese bei winterlichen Temperaturen im Freien stattfinden. Hält sich der Arbeitnehmer nicht daran, kann der Arbeitgeber kündigen – so entschied das LAG Nürnberg (1.07.2014 – 7 Sa 498/13).
Arbeitsfrei am Karneval?
Auch wer sich lieber ins richtige Faschings-Leben auf den Straßen stürzen will, muss einiges beachten. Einen generellen Anspruch auf bezahlte oder unbezahlte Freistellung von der Arbeit haben Beschäftigte nicht. Und zwar auch nicht in den Karnevalshochburgen. Auch dort ist der Rosenmontag kein gesetzlicher Feiertag, wenn auch traditionell in vielen Schulen und Unternehmen Freizeit für den Rosenmontag oder zu den Festumzügen gewährt wird.
Betriebliche Übung
Allerdings ist ein Anspruch aus so genannter betrieblicher Übung denkbar. Die entsteht, wenn der Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum hinweg - mindestens dreimal in Folge - ohne Vorbehalt eine bestimmte Vergünstigung gewährt hat und die Beschäftigten daher den Schluss ziehen können, dass ihnen die Vergünstigung auch weiter gewährt werden soll. Hat der Arbeitgeber also etwa jahrelang am Rosenmontag freigegeben, entsteht ein Anspruch der Beschäftigten darauf (LAG Düsseldorf vom 3.9.1993, Az.: 17 Sa 584/93).
Notfalls Urlaub nehmen
Gibt es keine solche betriebliche Übung und sehen auch weder Arbeits- noch Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung die Freistellung vor, müssen Beschäftigte in den sauren Apfel beißen und Urlaubstage für die Karnevalsfeier investieren. Auf gar keinen Fall sollten Abreitnehmer sich selbst beurlauben: Das ist eine massive Verletzung der Pflichten aus dem Arbeitsvertrag und kann Abmahnung und Kündigung nach sich ziehen.
Live dabei im Radio?
Anders sieht es aus, wenn Arbeitnehmer im Radio etwa eine Live-Übertragung des Karnevalsumzugs verfolgen. Zwar muss grundsätzlich konzentriert und sorgfältig gearbeitet werden – so die Verpflichtung aus dem Arbeitsvertrag. Gelingt das aber trotz Radiohörens, liegt auch keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten vor (vgl. BAG v. 14.1.1986 - 1 ABR 75/83, AiB 1987, 66). Um das beurteilen zu können, kommt es allerdings auf den Einzelfall an.
In Betrieben mit Betriebsrat muss der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitbestimmen wenn es ums Radiohören geht – denn das betrifft die Ordnung im Betrieb.
Weiberfastnacht: Dem Chef die Krawatte abschneiden?
Auch wenn Vorgesetzte in den großen Karnevalsmetropolen wohl damit rechnen müssen, dass die gute Krawatte zu Schaden kommen kann, sollten Beschäftigte vorsichtig sein: Das ungewollte Abschneiden einer Krawatte kann zum Schadensersatz verpflichten (ArbG Essen v. 3.2.1988 - 20 C 691/87).
Lesetipp:
Praktische Tipps und Mustertexte zum Arbeits- und Gesundheitsschutz finden Sie in unserer Rubrik: bund-verlag.de > Betriebsrat > Arbeitsschutz
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