Entgeltlisten

Kein Recht auf dauerhafte Überlassung von Entgeltlisten

06. März 2019 Entgeltlisten, Einsichtsrecht
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Quelle: magele_Dollarphotoclub

Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Auskunft, ob Frauen und Männer bei gleicher Arbeit den gleichen Lohn bekommen. Dazu hat der Betriebsrat das Recht in die Lohn- und Gehaltslisten Einsicht zu nehmen. Die Listen muss der Arbeitgeber jedoch nicht herausgeben. Von Jens Pfanne.

Betriebsrat und Arbeitgeber streiten darüber, ob der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, dem Betriebsrat die aktuellen Gehaltslisten der Beschäftigten herauszugeben.

Klar ist, dass der Betriebsrat das Recht hat, in die Gehaltslisten »Einsicht« zu nehmen. Der Betriebsrat kann dadurch seine Kontrollbefugnisse wahrnehmen und prüfen, ob es bei der Lohnverteilung gerecht zugeht. Dieses Recht gewährt ihm der Arbeitgeber, indem der Betriebsrat die Entgeltlisten entweder auf einem ihm zur Verfügung gestellten PC als pdf-Datei oder als Ausdruck dieser Datei einsehen und sich dabei Notizen machen kann.

Allerdings ist der Arbeitgeber nicht bereit, die Listen aus der Hand zu geben und dem Betriebsrat dauerhaft für eine Auswertung zu überlassen. Um jedoch die Angaben des Arbeitgebers sorgfältig auswerten zu können, fordert der Betriebsrat nun per Gericht, ihm die Gehaltslisten vollständig herauszugeben. Er beruft sich dabei auf die neuen Regelungen des Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG). Dadurch seien ihm umfassende Aufgaben im Bereich der Durchsetzung der Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb übertragen worden.

Kein Anspruch auf Überlassung

Die Gerichte in beiden Instanzen haben den Anspruch des Betriebsrats hingegen abgelehnt. Aus den gesetzlichen Regelungen könne nicht entnommen werden, dass zusätzlich zur Einsichtnahme auch die »Überlassung« der Entgeltlisten zu deren Auswertung gewollt sei. Der Arbeitgeber sei nach dem EntgTranspG nur verpflichtet, dem Betriebsrat den Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter der Beschäftigten zu gewähren. Für ein dauerhaftes »Überlassen« fehle es schlicht an einer Anspruchsgrundlage.

Die dem Betriebsrat ohnehin obliegenden Aufgaben aus § 80 Abs. 1 Nr. 2a BetrVG (Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern) werden auch durch das neue EntgTranspG nicht erweitert, sondern nur klargestellt.

Im Übrigen könne der Betriebsrat die Listen auch dadurch auswerten, indem er sich bei der Durchsicht entsprechende Notizen macht – »einsehen« und »auswerten« sind in einem Atemzug zu sehen.

Die Entscheidung des Gerichts ist nicht rechtskräftig geworden. Der Betriebsrat hat Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht erhoben.

Entgeltgleichheit von Frauen und Männern

Nach den allgemeinen Regelungen des BetrVG hat der Betriebsrat u. a. die Aufgabe, die Entgeltgleichheit von Frauen und Männern im Betrieb zu fördern. Dies wird durch den neu geschaffenen § 13 Abs. 1 EntgTranspG noch einmal ausdrücklich klargestellt. Das Gesetz sieht daher vor, dass sich der Betriebsrat genaue Kenntnisse über die effektiv gezahlten Löhne und Gehälter verschaffen muss, um sich ein Bild davon machen zu können, dass es in dem Betrieb beim Lohn gerecht zugeht.

Arbeitnehmer haben Anspruch auf Auskunft                                                        

Nach dem EntgTranspG können seit dem 6.1.2018 jetzt auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab einer Betriebsgröße von mehr als 200 Mitarbeitern Auskunft darüber verlangen, ob die Kollegen des anderen Geschlechts mit einer gleichwertigen Tätigkeiten ebenso entlohnt werden, wie sie selbst und damit das Gebot der Entgeltgleichheit eingehalten wird. Für vergleichbare Arbeit müssen Männer und Frauen den gleichen Lohn erhalten. Dafür muss der Beschäftige seinen Anspruch auf Auskunft an den Betriebsrat richten – in Textform, z. B. als E-Mail. Wenn ein Betriebsrat im Unternehmen nicht vorhanden ist, ist der Arbeitgeber der richtige Ansprechpartner.

Gleiche Bezahlung einfordern

Bei einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts können die betroffenen Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, für die gleiche Arbeit auch gleich entlohnt zu werden. Ausschlussfristen in Arbeits- oder Tarifverträgen dürften dem Anspruch auf gleiche Entlohnung nicht entgegen stehen. Hier ist lediglich die allgemeine Verjährungsfrist von 3 Jahren zu beachten.

In der Praxis wird allerdings der Nachweis schwierig werden, dass die geringere Bezahlung aufgrund einer Diskriminierung wegen des Geschlechts erfolgt. Zunächst ist zu bestimmen, welche Tätigkeiten gleichwertig und damit vergleichbar sind. Sofern es sich hierbei nicht um exakt den gleichen Arbeitsplatz handelt (z. B. in der Produktion) müssen die Art der Arbeit, Qualifikation und die Arbeitsbedingungen miteinander vergleichbar sein. Treten hier Ungleichbehandlungen zu Tage, führt dies jedoch nicht automatisch zu einer nicht gerechtfertigten Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Denn der Arbeitgeber kann gute Gründe dafür haben, dass bestimmte Tätigkeiten besonders vergütet werden (z. B. längere Betriebszugehörigkeit oder bessere Qualifikation).

Jens Pfanne, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

LAG Düsseldorf (23.01.2019)
Aktenzeichen 8 TaBV 42/18
Diese Entscheidungsbesprechung erhalten Sie als Teil des Newsletters AiB Rechtsprechung für den Betriebsrat vom 6.3.2019.
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