Leiharbeit - Der DGB-Rechtsschutz kommentiert

Arbeitgeber muss Leiharbeit vorab im Betrieb ausschreiben

06. Juni 2014

Der Betriebsrat kann verlangen, dass neu zu besetzende Arbeitsplätze zunächst innerbetrieblich ausgeschrieben werden. Der Arbeitgeber muss die Stellen auch dann zuerst innerbetrieblich ausschreiben, wenn er vorübergehend Leiharbeiter einstellen will.

Leitsätze der Redaktion

  1. Nach § 93 BetrVG kann der Betriebsrat verlangen, dass Arbeitsplätze, die besetzt werden sollen, allgemein oder für bestimmte Tätigkeiten vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebs ausgeschrieben werden.

  2. Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, wenn der Betriebsrat die Ausschreibung verlangt hat oder die Ausschreibung zwischen den Betriebsparteien vereinbart ist.

  3. Die Ausschreibungspflicht besteht auch für Arbeitsplätze, die mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen.


Quelle
BAG, Beschluss vom 15.10.2013
Aktenzeichen 1 ABR 25/12

Folgen für die Praxis

Anmerkung von Bettina Fraunhoffer LL.M., DGB Rechtsschutz GmbH

Das BAG hat deutlich gemacht, dass Betriebsräte bei der Frage der Einstellung von Leiharbeitnehmern auch schon im Rahmen der Stellenausschreibung eine durchsetzbare Rechtsposition haben. Besteht der Betriebsrat auf sein Recht und verlangt dies, muss der Arbeitgeber alle Arbeitsplätze ausschreiben, auch solche, die nur »innerbetrieblich« sind und eigentlich mit Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen.

Viele Betriebsräte versuchen zu Recht mit ihren Mitteln, Leiharbeit im Betrieb möglichst zu verhindern oder zu reduzieren. Dies richtet sich insbesondere gegen Einstellungen von Leiharbeitnehmern, die nicht nur zeitlich kurze Bedarfsspitzen abdecken sollen, sondern im Gegensatz hierzu neben der Stammbelegschaft eine selbständige Belegschaft schaffen.

Nunmehr wurde klar, dass der Betriebsrat nicht nur ein Zustimmungsverweigerungsrecht bei Einstellung von Leiharbeitnehmern hat, sondern auch schon im Vorfeld der Einstellung, nämlich der Stellenausschreibung und- suche sich einschalten kann, um möglichst Leiharbeit zu verhindern. Der Arbeitgeber darf nicht die Möglichkeit haben, schon bei der Stellenausschreibung in diese mitaufzunehmen, dass die Stelle nur durch Leiharbeiter bzw. im Wege der Arbeitnehmerüberlassung besetzt werden soll.

Der Betriebsrat sollte also schon bei der Ausschreibung von Stellen ein scharfes Auge walten lassen. Will der Arbeitgeber dennoch mit einem Leiharbeitnehmer die Stelle dann im Nachgang tatsächlich besetzen, sollte unbedingt die Zustimmung zur Einstellung verweigert werden. Die Begründung kann dabei sein, dass es sich nicht nur um »vorübergehenden« Bedarf oder Einsatz handelt.

Das BAG hat hierzu in einem Beschluss vom 10.07.2013 - 7 ABR 91 /11 entschieden, dass ein Recht des Betriebsrates besteht, die Zustimmung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern mit dem Argument zu verweigern, dass diese nicht nur »vorübergehend« eingesetzt werden sollen. Der Betriebsrat kann dies damit begründen, dass ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG in der seit Dezember 2011 veränderten Fassung einen sog. Gesetzesverstoß i.S.d. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG darstellt. 

Lesetipp der AiB-Redaktion
»Ausschreibungspflicht von Arbeitsplätzen - So kann der Betriebsrat vorgehen« von Lukas Middel in »Arbeitsrecht im Betrieb« 4/2012, Ausgabe, S. 260.

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