Gesundheitsschutz

So geht die Gefährdungsbeurteilung jetzt

14. Dezember 2020
Mundschutz_Corona
Quelle: pixabay

Ziel der Gefährdungsbeurteilung ist es zu ermitteln, welche Maßnahmen erforderlich sind, um Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten. Diese Fürsorgepflicht des Arbeitgebers hat durch die Corona-Pandemie an Aktualität und Bedeutung gewonnen: Zu beachten ist insbesondere die SARS-Cov2-Arbeitsschutzregel.

Für Arbeitgeber des öffentlichen Diensts gilt, ebenso wie in der Privatwirtschaft, die Verpflichtung zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 in Verbindung mit § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).

Ablauf der Gefährdungsbeurteilung

Die Gefährdungsbeurteilung erfolgt entsprechend den fachlichen Empfehlungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) üblicherweise nach folgendem Schema:

  1. Identifizieren und Festlegen von gleichartigen Arbeitsbereichen und Tätigkeiten
  2. Ermitteln der Gefährdungen (z.B. nach Gefährdungsquellen wie Lärm, schweres Heben, Stolpern, Licht, Belüftung, Fluchtwege etc.)
  3. Beurteilen der Gefährdungen (sind Grenzwerte eingehalten, wie sie in verschiedenen Arbeitsstättenrichtlinien, Verordnungen oder DIN-Normen vorgegeben sind?)
  4. Festlegen konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik (bei diesem Schritt ist die Rangfolge der Schutzmaßnahmen nach § 4 ArbSchG zu beachten)
  5. Durchführen der Maßnahmen
  6. Überprüfen der Wirksamkeit der Maßnahmen
  7. Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung, der ergriffenen Maßnahmen sowie ihrer Wirksamkeit

Welche Vorschriften sind zu beachten?

Dabei haben die Dienststellen neben dem Arbeitsschutzgesetz, der Arbeitsstättenverordnung  und den zur Konkretisierung ergangenen Arbeitsstättenrichtlinien aktuell auch die SARS-Cov 2 Arbeitsschutzregel zu beachten. Diese ergänzt den Sars-Cov 2-Arbeitsschutzstandard (»C-ASS«) vom 16.4.2020.  Die SARS-CoV-2 Arbeitsschutzregel konkretisiert für den Zeitraum der epidemischen Lage von nationaler Tragweite gemäß § 5 Infektionsschutzgesetz die Anforderungen an den Arbeitsschutz.

Daneben existieren weitere, branchenspezifische Regelungen und Empfehlungen zum Umgang mit SarsCov2, insbesondere der gesetzlichen Unfallversicherungen, sowie die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen (BioStoffV) und die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBA) 250 und TRBA 100  für Berufsgruppen, die wie im Gesundheitswesen, in Laboren oder Pflegeeinrichtungen in besonderer Weise mit Covid-19-infizierten Personen in Kontakt kommen.

Das steht in der Sars-Cov-2 Arbeitsschutzregel

Gemäß Ziffer 3 der Arbeitsschutzregel sind Gefährdungsbeurteilungen unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse der Gefährdungen in Verbindung mit Covid-19 zu aktualisieren. Die Arbeitsschutzregel beschreibt konkrete Maßnahmen für alle Bereiche des Wirtschaftslebens, mit denen das Infektionsrisiko für Beschäftigte gesenkt werden kann.

Aufgeführt sind unter anderem konkrete Vorgaben zum richtigen Lüften, zur räumlichen Gestaltung von Arbeitsplätzen, zur Vorhaltung von Desinfektionsmitteln und der Nutzung von Gemeinschaftsräumen sowie zum Tragen von Mund-Nase-Bedeckungen.

Ebenso finden sich Regelungen zur Handhabung von Dienstreisen, Besprechungen, der Einrichtung von Homeoffice wie auch zum Umgang mit Verdachtsfällen von Covid 19-Infektionen und mit besonders schutzbedürftigen Beschäftigten (»Risikogruppen«).

Hält die Dienststelle die Vorgaben der Arbeitsschutzregel ein, darf sie davon ausgehen, dass sie entsprechend dem aktuellen Stand der arbeitswissenschaftlichen Vorgaben handelt. Werden empfohlene Maßnahmen nicht eingehalten, muss der Arbeitgeber darlegen, dass er auf anderem Weg ein entsprechendes Schutzniveau erreicht.

Bei Maßnahmen gilt das »TOP«-Prinzip

Für alle Maßnahmen gilt, dass nach § 4 ArbSchG bei der Umsetzung und Auswahl von erforderlichen Maßnahmen das »TOP«-Prinzip zu berücksichtigen ist. Das bedeutet, das vorrangig die technischen Schutzmaßnahmen (bspw. durchsichtige Schutzscheiben) einzusetzen sind, die die  Beschäftigten am wenigsten beeinträchtigen, bevor organisatorische Maßnahmen zum Tragen kommen (etwa Veränderung von Arbeitszeit und Arbeitsort). Erst wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, um einen hinreichenden Gesundheitsschutz zu gewährleisten, sind zusätzlich persönliche Schutzausrüstungen – wie Mund-Nase-Bedeckungen – einzusetzen, die für die Beschäftigten in der Regel eine zusätzliche Belastung darstellen.   

Von besonderem Interesse ist, ob mit Verweis auf die SARS-Cov2-Arbeitsschutzregel ein Anspruch auf Arbeiten im Homeoffice in bestimmten, geeigneten Bereichen begründet werden kann. Mit Verweis auf die Fürsorgepflicht des öffentlichen Arbeitgebers scheint dies zumindest vertretbar.

Was bedeutet das für Personalräte?

Nach der diskussionswürdigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (5.3.2012 - 6 PB 25.11) soll den Personalräten zwar - anders als den Betriebsräten - bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung kein Mitbestimmungsrecht zustehen.

Allerdings unterliegen die daraus resultierenden Maßnahmen der Mitbestimmung des Personalrats unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes. In der Regel besteht hier auch ein Initiativrecht.  

Personalvertretungen sollten daher aktiv prüfen, ob in ihren Dienststellen die Vorgaben der SARS-Cov2-Arbeitsschutzregel und des Sars-Cov2-Arbeitsschutzstandards bei der Umsetzung von Schutzmaßnahmen umfassend beachtet worden sind.

Von Simon Wionski, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Kanzlei Dette Nacken Ögüt & Kollegen, Bremen

© Bund-Verlag

(CT)

 

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