Freistellung

Verfahren bei der Freistellungswahl

20. Mai 2020
betriebsratswahl-waehlen
Quelle: © Gina Sanders / Foto Dollar Club

Der Betriebsrat entscheidet durch geheime Wahl, welche seiner Mitglieder von der Arbeit freigestellt werden. Das Gremium muss nicht vorab beschließen, wie sich die vollen und teilweisen Freistellungen verteilen. Von Matthias Beckmann.

Darum geht es:

Streit um Verteilung der Freistellungen

In diesem Beschlussverfahren stritten die Beteiligten über die Wirksamkeit der Wahl zur Freistellung von Betriebsratsmitgliedern. Beteiligte waren neben dem Arbeitgeber, dem Betriebsrat sowie dem Vorsitzenden des Betriebsrates mehrere den Antrag stellende Betriebsratsmitglieder, die mit der Wahl nicht einverstanden waren sowie die freigestellten Mitglieder.

Dem Betriebsrat standen aufgrund der Betriebsgröße nach § 38 BetrVG zwei Vollfreistellungen zu. Nach dem Wahlergebnis der Freistellungswahl sollten zwei Beschäftigte freigestellt werden, von denen der eine in Vollzeit (38 Wochenstunden) tätig war, der andere hingegen in Teilzeit (27 Wochenstunden). Zusätzlich sollte ein weiterer Beschäftigter für die verbleibenden elf Wochenstunden zum Teil freigestellt werden.

Sechs Betriebsratsmitglieder leiteten daraufhin das Beschlussverfahren ein, weil sie die Wahl über die Freistellung als unzulässig ansahen. Dies begründeten sie insbesondere damit, dass die Aufteilung der Vollfreistellungen vor der eigentlichen Wahl hätte beschlossen werden müssen. Der Arbeitgeber sah die Wahl hingegen als wirksam an.

Das sagt das Gericht:

Kein vorheriger Beschluss über Verteilung erforderlich

Die Anträge der unzufriedenen Betriebsratsmitglieder blieben sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz erfolglos.

Nach Auffassung des LAG ist ein vorheriger Betriebsratsbeschluss über die Aufteilung von Vollfreistellungen in Teilfreistellungen nicht erforderlich. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass ein solcher Beschluss aufgrund der bekannten Wahlvorschläge direkt vor der Wahl zumindest konkludent gefasst worden sei.

Auch für weitere Verletzung wesentlicher Wahlvorschläge sah das LAG keine Anhaltspunkte.

Tatsächlich ist in § 38 Abs. 1 Satz 3 BetrVG geregelt, dass Freistellungen auch in Form von Teilfreistellungen erfolgen können. Die Freistellungen dürfen zusammengenommen lediglich nicht den Umfang der Vollfreistellungen nach dem BetrVG überschreiten.

Weder aus dem Gesetz noch aus den Folgen einer Aufteilung der Freistellungen für die Arbeit des Betriebsrates oder der Organisation des Betriebes ergebe sich die Notwendigkeit eines vorherigen Betriebsratsbeschluss, so das LAG.

Nach § 38 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist lediglich die Beratung über die Freistellung im Gremium erforderlich nicht aber eine Beschlussfassung. Dass eine Beratung letztlich stattgefunden hat, ergibt sich nicht zuletzt aus den zur Abstimmung vorliegenden Wahlvorschlägen.

Die Anträge wurden daher zurückgewiesen, die Entscheidung des Betriebsrats über die Freistellungen war wirksam.

Praxishinweise

Für das LAG hat bei der Entscheidung auch der Minderheitenschutz bei konkurrierenden Betriebsratsgruppen eine Rolle gespielt. Wäre ein vorheriger Beschluss über die Verteilung der Vollfreistellungen in Teilfreistellungen erforderlich, könnte eine Mehrheitsgruppe des Betriebsrates Teilfreistellungen ganz verhindern oder für Aufteilungsquoten stimmen, die für die Mitglieder einer Minderheitengruppe ungünstig sind.

Die Wahl der freizustellen Betriebsratsmitglieder erfolgt im Übrigen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl, weil die Arbeitnehmer einer Minderheitengruppe ebenfalls erhebliches Interesse daran haben, unter den freigestellten Betriebsratsmitgliedern eine Person ihres Vertrauens zu finden.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn es lediglich einen Wahlvorschlag gibt. Dann erfolgt die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl.

Matthias Beckmann, DGB Rechtsschutz GmbH

Quelle

LAG Baden-Württemberg (03.12.2019)
Aktenzeichen 15 TaBV 5/18
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