Betriebsversammlung

Videokonferenz nicht immer die erste Wahl

08. Dezember 2020 Betriebsrat, Betriebsversammlung, Corona
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Quelle: © funkyfrogstock / Foto Dollar Club

Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat angemessene Räumlichkeiten für Betriebsversammlungen zur Verfügung stellen. Kann er das nicht im eigenen Haus, muss er dem Betriebsrat einen Vorschuss für die Anmietung entsprechender Veranstaltungsräume zahlen, hat das LAG Hamm klargestellt.

Das war der Fall

Weil der Arbeitgeber keine Räumlichkeiten für Betriebsversammlungen anbieten konnte, in denen die Corona-bedingten Vorgaben wie beispielsweise Abstandsregelungen eingehalten werden konnten, entschied der Betriebsrat eine Veranstaltungshalle anzumieten und die Betriebsversammlung als Präsenzversammlung dort durchzuführen. Der Arbeitgeber sollte die Hallenmiete übernehmen. Der Arbeitgeber verweigerte die Kostenübernahme mit dem Hinweis, dass eine Betriebsversammlung das Infektionsrisiko erhöhe. Er war der Auffassung, dass Betriebsversammlungen nach den Sonderregelungen aus Anlass der Covid-19-Pandemie gemäß § 129 Absatz 3 BetrVG per Videokonferenz durchzuführen seien.

Das sagt das Gericht

Während das Arbeitsgericht Iserlohn die Auffassung des Arbeitgebers teilte, verwies das LAG Hamm im Eilverfahren auf die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nach § 40 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG. Nach dieser Norm müsse der Arbeitgeber dem Betriebsrat auf eigene Kosten angemessen ausgestattete Räumlichkeiten zur Verfügung stellen – gegebenenfalls auch, indem er passende Räume anmietet. Kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, steht dem Betriebsrat aus § 40 Abs. 1 BetrVG ein Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Vorschusses zu, um damit die voraussichtlichen Kosten für die Überlassung geeigneter Räume abdecken zu können.

Grundsätzlich ist der Betriebsrat verpflichtet, einmal je Quartal eine Betriebsversammlung durchzuführen. Ist es nicht möglich, alle Arbeitnehmer unter ein Dach zu bringen, erlaubt § 42 Abs. 1 Satz 3 BetrVG Teilversammlungen. Im Regelfall ist die Betriebsversammlung als nicht öffentliche Präsenzveranstaltung durchzuführen, § 42 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Hintergrund ist die gleiche Chance für alle, so die anstehenden Themen zu diskutieren.

Aufgrund der Corona-Pandemie besteht vorerst begrenzt bis zum 31.12.2020 die Möglichkeit Betriebsversammlungen auch mittels Videokonferenz durchzuführen – dabei ist darauf zu achten, dass die Art der Virdeokonferenz einer Präsenzveranstaltung in nichts nachsteht. Entscheidet der Betriebsrat wie hier, die 360 Mitarbeiter auf drei Präsenzveranstaltungen zu verteilen und damit den gesetzlich vorgesehenen Rahmen zu nutzen, und dabei alle Hygienevorgaben einzuhalten, muss der Arbeitgeber die Kosten für die Miete entsprechender Räumlichkeiten tragen, so das LAG Hamm.

Zudem sei der Arbeitgeber verpflichtet, dem Betriebsrat im Sinne des Gebots der vertrauensvollen Zusammenarbeit und analog zu § 40 Abs. 2 BetrVG die erforderlichen Sachmittel zur Durchführung der Betriebsratsaufgaben zur Verfügung zu stellen.

Wichtig: Hier genügt dem LAG Hamm der Hinweis auf die nutzbaren Online-Tools wie zum Beispiel Microsoft Teams nicht: Der Arbeitgeber hätte konkret aufzeigen müssen, welche technische Ausstattung und welche Räumlichkeiten im Betrieb zur Verfügung stehen, und so eine echte Alternative zur Präsenzveranstaltung anzubieten.

Das muss der Betriebsrat beachten

Auch wernn derzeit Online-Betriebsversammlungen per Videokonferenz möglich sind: Sie sind trotz der Pandemie die Ausnahme, das hat der Gesetzgeber ganz klar so geregelt. Insofern steht dem Betriebsrat ein gewisser Handlungsspielraum zu, was das LAG Hamm in seiner Entscheidung gut nachvollziehbar herausgearbeitet hat. Wenn der Betriebsrat unter Beachtung sämtlicher Corona-Maßnahmen – insbesondere der Hygienevorgaben – einer Präsenzveranstaltung den Vorrang gegenüber einer Videokonferenz einräumt, dann ist der Arbeitgeber innerhalb eines akzeptablen Kostenrahmens verpflichtet, diesem Wunsch nachzukommen. Das LAG Hamm hat eine Hallenmiete von insgesamt 8.400 Euro für drei Teilveranstaltungen, also 2.800 Euro pro Termin, für angemessen erachtet.  

© bund-verlag.de (mst)

Quelle

LAG Hamm (05.10.2020)
Aktenzeichen 13 TaBVGa 16/20
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