Betriebsrente

Abschläge benachteiligen Schwerbehinderte nicht

19. Oktober 2016
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Quelle: © papalapapp / Foto Dollar Club

Eine Versorgungsordnung kann Abschläge bei der Betriebsrente vorsehen, wenn diese vor Erreichen der festgelegten »festen Altersgrenze« von 65 Jahren in Anspruch genommen wird. Darin liegt keine unerlaubte Benachteiligung eines Schwerbehinderten, der die gesetzliche Altersrente schon vorher ohne Abschläge erhalten kann – so das Bundesarbeitsgericht.

Der Kläger ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Er bezieht seit der Vollendung seines 60. Lebensjahres eine gesetzliche Altersrente für Schwerbehinderte und eine Betriebsrente. In der Vergangenheit war bei der Beklagten der ungekürzte Bezug der Betriebsrente möglich, wenn der Arbeitnehmer eine Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhielt. Auch nach einer Änderung der Versorgungsordnung besteht ein Anspruch auf Betriebsrente, wenn eine Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wird.

Kürzung der Betriebsrente

Jedoch wurde als feste Altersgrenze einheitlich die Vollendung des 65. Lebensjahres festgelegt und gleichzeitig bestimmt, dass für eine vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente ein versicherungsmathematischer Abschlag von 0,4 % pro Monat vorzunehmen ist, soweit die Anwartschaft auf Beschäftigungszeiten nach dem 1. Januar 1996 beruht. Dementsprechend kürzte die Beklagte die Betriebsrente. Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) wies seine Klage ab (Hessisches LAG, 8.07.2015 - 6 Sa 257/14 -).

Keine Benachteiligung im Sinne des AGG

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschied ebenfalls, dass die neue Versorgungsordnung keine Benachteiligung von Menschen mit Behinderung darstellt, die ihre Altersrente früher in Anspruch nehmen können. Eine unmittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) scheidet aus, weil die Abschläge nicht an die Behinderteneigenschaft anknüpfen. Denn auch andere Arbeitnehmer können früher in Rente gehen.

Abschläge unabhängig von Behinderung

Ebenso scheidet eine mittelbare Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG aus. Denn nicht schwerbehinderte Arbeitnehmer müssen die Abschläge ebenfalls hinnehmen, wenn sie die Betriebsrente früher in Anspruch nehmen. Soweit allein schwerbehinderte Menschen die gesetzliche und damit die Betriebsrente früher beanspruchen können, werden sie nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern benachteiligt.

Verhältnismäßigkeit wird noch geprüft

Das BAG hat das Berufungsurteil dennoch aufgehoben und der Rechtsstreit an das Hessische Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Dieses wird noch prüfen müssen, ob für die Änderung der Versorgungsordnung sachlich-proportionale Gründe vorlagen und damit die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gewahrt sind.

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Quelle

BAG (13.10.2016)
Aktenzeichen 3 AZR 439/15
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