Leiharbeit

Betriebsvereinbarung kann Übernahme regeln

23. März 2015

Eine Betriebsvereinbarung kann festlegen, dass Leiharbeitnehmer nach einer bestimmten Beschäftigungsdauer vom Entleiher zu übernehmen sind. Bei einem Betriebsübergang geht diese Verpflichtung mit auf den Betriebserwerber über, entschied das ArbG Paderborn.

Der 1979 geborene Kläger ist Leiharbeitnehmer Er wurde seit dem 23.8.2010 im Betrieb der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgänger als IT-Fachkraft eingesetzt. Sein Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt ca. 2.850 €. Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Firma T IT Solutions and Services GmbH (im Folgenden: TIS GmbH), die ihrerseits als Tochterunternehmen aus der T-AG hervorgegangen ist.

Im Juli 2009 schloss der Gesamtbetriebsrat (GBR) der T AG mit dem Unternehmen eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Zeitarbeit (im Folgenden: BV Zeitarbeit). In der Betriebsvereinbarung heißt es:

»Bei Zeitarbeitnehmern, die 18 Monate im Betrieb eingesetzt wurden, besteht grundsätzlich die Verpflichtung, ein Übernahmeangebot in ein T-Arbeitsverhältnis zu unterbreiten. Es wird grundsätzlich eine unbefristete Übernahme angeboten. Sofern das Angebot angenommen wird, beginnt das T-Arbeitsverhältnis mit dem 19. Monat des Einsatzes in Betrieb.«

Betriebsvereinbarung regelt Anspruch auf Übernahme

Weiter wurde bestimmt, dass die 18-Monatsfrist ab dem 01.08.2009 zu laufen beginnt. Zum 1.10.2010 wurde durch die so genannte Ausgründung eines Bereichs aus der T-AG im Wege eines Betriebsübergangs die TIS-GmbH gegründet. Gegenstand der Gesellschaft sind IT-Dienstleistungen.

Im April 2011 schlossen die TIS GmbH und der bei ihr gebildete GBR eine Gesamtbetriebsvereinbarung. Danach sollten Betriebsvereinbarungen der T-AG, die zum 30.09.2010 für die Mitarbeiter des TIS-Bereichs galten, auch in der TIS-GmbH fortgelten (BV Weitergeltung).

Später ging der Betrieb der TIS GmbH mit Personal, Computern und Ausstattung auf die Beklagte über. Der Kläger ist der Ansicht, dass er aus der fortgeltenden BV Zeitarbeit einen Anspruch darauf hat, dass die Betriebserwerberin ihm den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses anbietet.

Kläger kann Annahme seines Vertragsangebots verlangen

Der Arbeitnehmer hatte Erfolg. Das ArbG Paderborn verurteilte die Beklagte, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages ab dem 01.11.2014 als IT-Fachkraft in Vollzeitbeschäftigung anzunehmen.

Das Gericht begründete seine Entscheidung mit diesen Argumenten:

  • Die Betriebsparteien haben ihre Kompetenzen nicht überschritten. Sie können in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung (§ 88 BetrVG) Regelungen zu Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen treffen (vgl. BAG, Urteil vom 14.03.2012 - 7 AZR 147/11). Darunter fällt auch ein Einstellungsversprechen für Leiharbeitnehmer.

  • Beispielsweise bestimmt auch der Tarifvertrag zur Leih-/Zeitarbeit in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens vom 24. Mai 2012 in seinem § 3 Abs. 1 a), dass die Betriebsparteien des Entleiherbetriebes eine freiwillige Betriebsvereinbarung zur Übernahme von Leiharbeitnehmer abschließen können.

  • Die hier geschlossene BV Zeitarbeit gilt kollektiv-rechtlich im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten fort. Sie wirkt unmittelbar und zwingend gemäß § 77 Abs. 4 BetrVG.

  • Die Fortgeltung in der TIS GmbH war ausdrücklich zwischen Unternehmen und Gesamtbetriebsrat vereinbart worden. Die BV Zeitarbeit i. V. m. der BV Weitergeltung gilt nach dem Übergang des Unternehmens auf die Beklagte kollektivrechtlich fort, wie § 613a Abs. 1 Sätze 2-4 BGB bestimmen.

  • Dafür spricht, dass beim Übergang die Betriebsidentität erkennbar erhalten blieb: Die Beklagte verfolgt mit dem Anbieten von IT-Diensten nicht nur den gleichen Unternehmenszweck wie die TIS GmbH, sie hat auch deren Personal und IT-Ausstattung weitgehend übernommen.


Quelle:

ArbG Paderborn, Urteil vom 05.02.2015
Aktenzeichen 5 Ca 1390/14

Lesetipp der AiB-Redaktion:
»Der Übernahmeanspruch von Leiharbeitnehmern nach den Tarifverträgen Leih-/Zeitarbeit in der Metall- und Elektroindustrie« von Prof. Dr. Christiane Brors in »Arbeit und Recht« 7/2014, S. 258-262 .

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