Arbeitsvertrag

Keine Ironie im Arbeitszeugnis

10. Februar 2017
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Quelle: © FM2 / Foto Dollar Club

Ein Arbeitszeugnis darf nicht so formuliert sein, dass es beim Leser einen boshaften Gesamteindruck hinterlässt. Die Formulierung »Wenn es eine bessere Note als »sehr gut« geben würde, würden wir ihn damit beurteilen«, zieht das Zeugnis ins Lächerliche. Erst recht dann, wenn ein Bedauern des Ausscheidens, augenfällig fehlt – so das LAG Hamm.

Im konkreten Fall kam es zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin nach Ablauf des Beschäftigungsverhältnisses zum Rechtsstreit, in dem es um Vergütungsansprüche, Arbeitspapiere und das Arbeitszeugnis ging.

Gerichtlicher Vergleich über wohlwollendes Arbeitszeugnis

Die Parteien schlossen einen gerichtlichen Vergleich. In diesem wurde u.a. festgelegt, dass die Arbeitgeberin dem Beschäftigten ein wohlwollendes, qualifiziertes Arbeitszeugnis erteilt. Der Arbeitnehmer könne dafür einen Entwurf vorlegen, von dem die Arbeitgeberin nurch aus wichtigem Grund abweichen darf. Der Beschäftigte übersandte der Arbeitgeberin daraufhin einen Entwurf für das Zeugnis, von dem diese allerdings in einigen Punkten sprachlich durch Synonyme und Steigerungen abwich. Die Begriffe zur Leistungsbeurteilung wurden stets gesteigert durch Worte wie »selbstverständlich, äußerst, zu jeder Zeit«. Zum Beispiel wurden folgende Formulierungen geändert:

  • »...seiner sehr guten Auffassunsgagbe«  wurde zu »...seiner extrem guten Auffassungsgabe«
  • »...war Herr F immer...« wurde zu »...war Herr F selbstverständlich immer...«

Der Beschäftigte ist der Ansicht, dass die Abeitgeberin ihrer Verpflichtung aus dem Vergleich nicht nachgekommen ist und verlangt eine Berichtigung des Zeugnisses. Die Formulierungen seien erheblich dazu geeignet, das gesamte Zeugnis wertlos zu machen.

Ironischer Gesamteindruck zieht den Zeugnistext ins Lächerliche

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das LAG Hamm gaben dem Beschäftigten Recht. Das erteilte Zeugnis erwecke beim Leser einen spöttischen irnonischen Gesamteindruck und ziehe den Zeugnistext ins Lächerliche.

Sinn und Zweck eines Arbeitszeugnisses seien, einem potenziellen Arbeitgeber ein möglichst wahres Urteil über die Leistung und das Verhalten im Arbeitsverhältnis zu geben. Das würde das Zeugnis aber nichts leisten. Aufgrund der vielen Stellen mit gesteigerten Formulierungen würde der unbefangene Leser erkennen, dass die Formulierungen nicht ernstlich gemeint sind.

Das wird besonders durch die abschließende Leistungsbeurteilung »Wenn es eine bessere Note als »sehr gut« geben würde, würden wir ihn damit beurteilen« deutlich. Diese Formulierung in Verbindung mit der Bedauernsformel am Ende des Zeugnises, dass das »Verlassen des Unternehmens zur Kenntnis genommen wird«, macht die Ironie deutlich. Wäre der Arbeitnehmer tatsächlich so gut gewesen, wäre das Ausscheiden ein Verlust.

Kein wichtiger Grund um von Formulierungsvorschlag abzuweichen

Auch lag hier kein »wichtiger Grund« – wie im Vergleich vereinbart – vor, weswegen die Arbeitgeberin von dem Zeugnisentwurf des Arbeitnehmers hätte abweichen dürfen. Ihrer eigenen Ansicht nach, handele es sich bei den geänderten Formulierungen nur um Synonyme oder Ergänzungen. Warum dewegen Änderungen vorgenommen werden mussten, erschließt sich nicht.

  • Hinweis: Mit dem Passus eines »wichtigen Grundes«  soll ausgeschlossen werden, dass die Arbeitgeberin nach dem Vergleich verpflichtet wäre, inhaltlich Unwahres in den Zeugnistext zu übernehmen. Es gilt der Grundsatz der Zeugniswahrheit.

Hintergrund zum Arbeitszeugnis

Gem. § 109 GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, das sich nach seinem Verlangen auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstreckt. Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein und darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehemer zu treffen.

Grundsätzlich ist es Sache des Arbeitgebers, das Zeugnis zu formulieren – er hat die Formulierungshoheit. Hier hatten die Parteien aber eine abweichende Vereinbarung im gerichtlichen Vergleich getroffen. Diese schränkte den Spielraum des Arbeitgebers ein und übertrug die Formulierungshoheit für das Zeugnis dem Arbeitnehmer.

© bund-verlag.de (ls)  

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