Arbeitsunfähigkeit

BAG bestätigt: Kranke müssen nicht zum Personalgespräch

03. November 2016
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Quelle: nmann77_Dollarphotoclub

Ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer muss nicht zum Personalgespräch im Betrieb erscheinen. Die Arbeitsunfähigkeit befreit den Beschäftigten von seiner Arbeitspflicht – dazu zählt auch die Anwesenheit im Betrieb. Eine Ausnahme kommt nur in Betracht, wenn die Anweisung des Arbeitgebers aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer gesundheitlich dazu in der Lage ist – so das BAG.

Einladung zum Personalgespräch während der Arbeitsunfähigkeit

Der klagende Arbeitnehmer war bei der beklagten Arbeitgeberin zunächst als Krankenpfleger und zuletzt - nach einer längeren unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit - befristet bis zum 31. Dezember 2013 als medizinischer Dokumentationsassistent eingesetzt. Von Ende November 2013 bis Mitte Februar 2014 war der Kläger erneut arbeitsunfähig krank. Die Beklagte lud ihn mit Schreiben vom 18. Dezember 2013 »zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“ zu einem Personalgespräch am 6. Januar 2014 ein.

Arbeitnehmer kommt nicht und wird abgemahnt

Der Kläger sagte unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit ab. Die Beklagte übersandte ihm eine neuerliche Einladung für den 11. Februar 2014, die mit dem Hinweis verbunden war, der Kläger habe gesundheitliche Hinderungsgründe durch Vorlage eines speziellen ärztlichen Attests nachzuweisen. Auch an diesem Termin nahm der Kläger unter Hinweis auf seine Arbeitsunfähigkeit nicht teil. Daraufhin mahnte ihn die Beklagte mit Schreiben vom 18. Februar 2014 ab.

BAG bestätigt: Kranke dürfen zu Hause bleiben

Die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers umfasst die Pflicht zur Teilnahme an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angewiesenen Gespräch, dessen Gegenstand Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung ist, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht anderweitig festgelegt sind (§ 106 Satz 1 GewO).

Befreiung von der Arbeitspflicht während Krankheit

Da der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, ist er grundsätzlich nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige, mit seiner Hauptleistung unmittelbar zusammenhängende Nebenpflichten zu erfüllen.

Kontaktaufnahme ist erlaubt

Während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist es dem Arbeitgeber allerdings nicht schlechthin untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse aufzeigt. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist jedoch nicht verpflichtet, hierzu auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, es sei denn, dies ist ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer ist dazu gesundheitlich in der Lage.

Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte

Die Arbeitgeberin war hier für die Unverzichtbarkeit des Erscheinens im Betrieb darlegungs- und beweispflichtig. Da sie dieser Pflicht nicht nachkam und solche Gründe nicht aufgezeigen konnte, musste der Arbeitnehmer der Anordnung der Beklagten, im Betrieb zu einem Personalgespräch zu erscheinen, nicht nachkommen. Die Abmahnung ist daher zu Unrecht erfolgt. Der Kläger kann ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen.

Buchtipp der Online-Redaktion:

»Abmahnung – Ratgeber für Arbeitnehmer und Interessenvertretung« von Ariane Mandalka

© bund-verlag.de (ls)

 

Quelle

BAG (02.11.2016)
Aktenzeichen 10 AZR 596/15
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