Diskriminierung

Entschädigung für schwerbehinderten Bewerber

12. August 2016
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Quelle: Daniel Ernst_Dollarphotoclub

Bewerben sich schwerbehinderte Menschen auf eine ausgeschriebene Stelle, müssen sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Ansonsten ist wegen des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Auswahlverfahren von einer Benachteiligung auszugehen – so das BAG. Eine Einladung kann nur unterbleiben, wenn dem Bewerber die fachlich Eignung offensichtlich fehlt.


Die beklagte Stadt hatte dadurch, dass sie den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, die Vermutung begründet, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden und dadurch benachteiligt wurde.

 

Haben schwerbehinderte Menschen sich um einen solchen Arbeitsplatz beworben oder sind sie von der Bundesagentur für Arbeit oder einem von dieser beauftragten Integrationsfachdienst vorgeschlagen worden, werden sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Eine Einladung ist entbehrlich, wenn die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.

Die beklagte Stadt hatte dadurch, dass sie den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, die Vermutung begründet, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden und dadurch benachteiligt wurde. Die beklagte Stadt schrieb Mitte 2013 die Stelle eines »Techn. Angestellte/n für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik« des von ihr unterhaltenen Komplexes „Palmengarten“ aus. In der Stellenausschreibung heißt es ua.: »Wir erwarten: Dipl.-Ing. (FH) oder staatl. gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation; …«.

 

Schwerbehinderter Bewerber wurde nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen

Der mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderte Kläger, der ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer sowie staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich »Alternative Energien« ist, bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle. Er fügte seinem Bewerbungsschreiben einen ausführlichen Lebenslauf bei. Die beklagte Stadt lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und entschied sich für einen anderen Bewerber.

Schwerbehinderter fordert Entschädigung wegen Diskriminierung

Der Kläger hat von der beklagten Stadt die Zahlung einer Entschädigung verlangt. Zur Begründung hat er ausgeführt, die beklagte Stadt habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Sie sei ihrer Verpflichtung nach § 82 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht nachgekommen. Bereits dieser Umstand begründe die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei.

Die Stadt hält den schwerbehinderten Bewerber für fachlich ungeeignet

Die beklagte Stadt hat sich darauf berufen, sie habe den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, da dieser für die zu besetzende Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet sei.

Gerichte verurteilen die Stadt zur Zahlung einer Entschädigung

Das Arbeitsgericht verurteilte die Stadt, an den Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG iHv. drei Bruttomonatsverdiensten zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat das arbeitsgerichtliche Urteil auf die Berufung der beklagten Stadt teilweise abgeändert und die Entschädigungssumme auf einen Bruttomonatsverdienst reduziert.

Die Stadt hätte den schwerbehinderten Bewerber zum Bewerbungsgespräch einladen müssen

Hiergegen wendet sich die beklagte Stadt mit ihrer Revision an das Bundesarbeitsgericht (BAG) – aber ohne Erfolg. Die beklagte Stadt hatte dadurch, dass sie den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, die Vermutung begründet, dass der Kläger wegen seiner Schwerbehinderung aus dem Auswahlverfahren vorzeitig ausgeschieden und dadurch benachteiligt wurde.

Sie war von ihrer Verpflichtung, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, auch nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX befreit. Auf der Grundlage der Angaben des Klägers in seiner Bewerbung durfte sie nicht davon ausgehen, dass diesem die erforderliche fachliche Eignung offensichtlich fehlte.

© bund-verlag.de (ls)  

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