Ausbildungskosten

Generelle Rückzahlungsklausel bei Eigenkündigung ist unwirksam

20. September 2013

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer nicht generell für den Fall zur Rückzahlung von Ausbildungskosten verpflichten, dass dieser vor Ablauf einer bestimmten Frist durch Eigenkündigung aus dem Unternehmen ausscheidet.

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Der Fall:

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Ausbildungskosten.

Die Klägerin betreibt eine Fluglinie. Der Beklagte ist Pilot. Ende August 2007 schlossen die Parteien einen »Dienstvertrag für Luftfahrzeugführer«, der mit dem »Erstflug Supervision D« beginnen sollte. Dabei handelt es sich um einen Flug unter Aufsicht, mit dem der Pilot seine Qualifikation für einen neuen Flugzeugtyp belegt.

Der Vertrag legt in § 5 fest, dass der Arbeitgeber die Kosten für für erforderliche Type-Ratings (Erwerb der Flugberechtigung für bestimmte Flugzeugtypen) übernimmt. Der Arbeitnehmer soll zur vollen Rückzahlung dieser Kosten verpflichtet sein, wenn er das Arbeitsverhältnis selbst vor Ablauf von 24 Monaten nach Beendigung des Type-Ratings kündigt oder er vom Arbeitgeber aus wichtigem Grund gekündigt wird.

Der Beklagte absolvierte eine zweimonatige Ausbildung bis zum 18.10.2007, um die Musterberechtigung für das Flugzeug D zu erwerben. Die Kosten dieser Ausbildung in Höhe von rund 18.000 EUR trug die Klägerin. Nachdem der »Erstflug Supervision D« bis zum 9.11.2007 nicht stattgefunden hatte, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sofortiger Wirkung Er bat darum, ihm die angefallenen Ausbildungskosten mitzuteilen.

Die Arbeigeberin erhob Klage auf Rückzahlung von Ausbildungskosten in Höhe von 18.000 EUR zuzüglich Zinsen. Dabei berief sie sich auf die Rückzahlungsvereinbarung im Dienstvertrag, hilfsweise auf einen Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten.

ArbG und LAG wiesen die Klage jedoch ab.

Die Entscheidung:

Das BAG wies die Revision zurück. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der Ausbildungskosten gegen den Beklagten. Die Rückzahlungsklausel benachteiligt den Beklagten unangemessen und ist damit unwirksam gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Der Beklagte wird durch die Rückzahlungspflicht benachteiligt, weil sie ihn ohne Ausnahme für jeden Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eigene Kündigung trifft. Dies ist unangemessen, weil die Klausel nicht unterscheidet, ob der Grund für die Eigenkündigung aus der Sphäre des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers stammt.

Damit die Klausel angemessen ist, muss immer nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden. Der Arbeitnehmer muss es selbst in der Hand haben, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen.

Auch durch ergänzende Vertragsauslegung ergibt sich keine Zahlungsverpflichtung des Beklagten. Das Interesse der Klägerin an der Aufrechterhaltung der Rückzahlungsklausel ist nicht schutzwürdig. Schon zum Zeitpunkt der Verwendung der Klausel war bekannt, dass derartige Bestimmungen eine unangemessene Benachteiligung darstellen und folglich unwirksam sind.

Eine Verpflichtung zur Kostenerstattung folgt auch nicht aus einem möglichen Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB. Hätte der Beklagte nicht gekündigt, würde der Vertrag weiterhin bestehen, an der Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel würde dies jedoch nichts ändern.

Der Beklagte hat die Ausbildung auch nicht ohne rechtlichen Grund erlangt. Der Grund bestand in der – bis auf die Rückzahlungsklausel – wirksamen Ausbildungsvereinbarung. Eine ungerechtfertigte Bereicherung im Sinne der §§ 812 ff BGB liegt folglich nicht vor.

In der Bitte um Mitteilung der Höhe der Ausbildungskosten liegt auch kein Anerkenntnis. Der erforderliche Verpflichtungswille lässt sich hieraus nicht ableiten.

Quelle:

BAG, Urteil vom 28.05.2013
Aktenzeichen: 3 AZR 103/12
BAG online

Lesetipp der Online-Redaktion:

‹‹Weiterbildung und Rückzahlungsklauseln›› von Thomas Lakies in ››Arbeitsrecht im Betrieb‹‹ 12/2010, S. 720–726.

© bund-verlag.de (ls)

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