Gleichbehandlung gilt auch im Gremium
19. Dezember 2016
Alter Betriebsrat verringert bewusst Anzahl der Freistellungen
Am 18.03.2014 vereinbarte noch der alte Betriebsrat mit dem Arbeitgeber die Anzahl der gesetzlich vorgesehenen Freistellungen von der beruflichen Tätigkeit für die Betriebsratsarbeit von fünf Freistellungen auf eine Freistellung abzusenken. Bei Erforderlichkeit der Teilnahme an der Ausschussarbeit sollten weitere Befreiungen im Einzelfall erfolgen. Der alte Betriebsrat war zu dieser Zeit noch im Amt, weil dessen Amtszeit (trotz Konstituierung des neuen Betriebsrats) noch nicht abgelaufen war und der Beschluss des Gerichts noch nicht rechtskräftig war.Wahl der Freistellungen mit Mehrheitswahl
Der neue Betriebsrat wählte auf der Grundlage dieser Betriebsvereinbarung nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl nur ein freizustellendes Betriebsratsmitglied, nämlich den Betriebsratsvorsitzenden, der auf der Mehrheitsliste kandidierte. Anträge der Mitglieder der IG-Metall-Liste auf Kündigung der Betriebsvereinbarung wurden von der Betriebsratsmehrheit abgelehnt.Bewusste Umgehung der Verhältniswahl
Die Mitglieder der IG-Metall vertraten die Auffassung, die Betriebsvereinbarung sei durch den alten Betriebsrat kurz vor Ablauf der Amtszeit nur zu dem Zweck erfolgt, sie von Freistellungen und einer angemessenen Betriebsratsarbeit fernzuhalten. Denn hätten mehrere freizustellende Betriebsratsmitglieder gewählt werden müssen, hätte nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden müssen. Bei fünf freizustellenden Betriebsratsmitgliedern hätten sie voraussichtlich zwei Freistellungen erhalten.LAG: Bewusste Verletzung von Minderheitenrechten
Das Landesarbeitsgericht folgte der Ansicht der IG-Metall-Betriebsräte und bestätigte, dass im Betrieb Winnenden der Fa. Kärcher fünf freizustellende Betriebsräte im Verhältniswahlverfahren zu wählen sind. Eine von Kärcher mit dem Altbetriebsrat getroffene entgegenstehende Betriebsvereinbarung ist wegen bewusster Verletzung der Minderheitenrechte der IG-Metall-Betriebsräte unwirksam.
© bund-verlag.de (ls)Quelle
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (14.12.2016)
Aktenzeichen 4 TaBV 10/16
Aktenzeichen 4 TaBV 10/16