Mandat endet nicht wegen Erfüllung der Geschlechterquote
In einem Betrieb war ein neuer Betriebsrat mit neun Mitgliedern zu wählen. Bei der Wahl am 21. Mai 2014 lagen mehrere Listen vor.
Minderheitsgeschlecht im Betriebsrat
Gemäß § 15 BetrVG muss das Geschlecht der Minderheit in einem Betriebsrat
mindestens seinem zahlenmäßigen Anteil an der Belegschaft entsprechend vertreten sein. Dies wird durch entsprechende Verfahrensregeln sichergestellt (15 Abs. 2 der Wahlordnung zum BetrVG).
Listensprung zur Wahrung des Geschlechterverhältnisses
Diesen Vorschriften nach mußten mindestens zwei Mitglieder des neuen Betriebsrats Frauen sein. Unter Anwendung von § 15 Abs. 5 Nr. 1 der Wahlordnung (WO-BetrVG) wurde eine Bewerberin einer nicht berücksichtigten Liste vorgezogen (Listensprung). Dadurch zog die Bewerberin Frau S. in den Betriebsrat ein, während der Bewerber L. trotz höherer Stimmenzahl Ersatzmitglied wurde.
Einige Wochen nach der Wahl schied das (männliche) Betriebsratsmitglied G. aus dem Betriebsrat und dem Unternehmen aus, weil sein befristeter Arbeitsvertrag ausgelaufen war. Für ihn rückte Frau P. in den Betriebsrat nach.
Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass die Minderheitenquote nunmehr übererfüllt sei. Die zunächst in den Betriebsrat eingezogene Frau S. scheide aus dem Betriebsrat aus mit der Folge, dass der zunächst »verdrängte« Bewerber L. Mitglied des Betriebsrats werde.
Dieser Ansicht mochten sich Frau S. und der Arbeitgeber nicht anschließen und wandten sich an das Arbeitsgericht.
ArbG Köln: Gewählt ist gewählt
Das Arbeitsgericht Köln entschied im Sinne ihres Antrags und stellte fest, dass die zunächst in den Betriebsrat eingezogene Bewerberin S. Mitglied des Betriebsrates bleibt und nicht durch den »verdrängten« Bewerber ausgetauscht L. wird.
Nach § 25 BetrVG rückt ein Ersatzmitglied nach, wenn ein Mitglied des Betriebsrats ausscheidet. Die Ersatzmitglieder werden unter Berücksichtigung des § 15 Abs. 2 BetrVG der Reihe nach aus den nichtgewählten Arbeitnehmern derjenigen Vorschlagslisten entnommen, denen die zu ersetzenden Mitglieder angehören.
Betriebsrat darf Wahlergebnis nicht nachträglich korrigieren
Der Wortlaut des § 25 BetrVG ist insoweit eindeutig. Der Betriebsrat habe keine Möglichkeit, das bekanntgegebene Wahlergebnis nachträglich bei einem Nachrückvorgang zu korrigieren. Er könne nur bei einem Nachrückvorgang zur Wahrung der Geschlechterquote eine andere nachrückende Person bezeichnen, § 25 Abs. 2 Satz 1 BetrVG.
Auch aus § 15 Abs. 2 BetrVG ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift legt nur eine Mindestquote fest, stellt aber keine Ermächtigung dafür dar, einen Listensprung nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses zu korrigieren.
Der Listensprung wird nicht nachträglich korrigiert. Daraus folgt, dass Frau S. ihr Mandat behält.
Die Entscheidung ist rechtskräftig. Das Verfahren wurde nach Rücknahme einer Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Köln eingestellt.
Quelle
Arbeitsgericht Köln Beschluss vom 12.11.2014
Aktenzeichen - 17 BV 296/14 –
ArbG Köln, Pressemitteilung 2/2015 vom 30.01.2015
Lesetipp der AiB-Redaktion:
»Betriebsratswahl und Minderheitengeschlecht« von Heilmann/Berg in
»Arbeitsrecht im Betrieb« 10/2013, S. 555-558.