Arbeit 4.0

Experten-Interview zur Mitbestimmung

16. Oktober 2015

Der digitale Wandel verändert auch und gerade die Arbeitswelt. Im Interview erläutert Arbeitsrechtler Dr. Thomas Klebe die aus Beschäftigtensicht wichtigsten neuen Herausforderungen. Nachdrücklich plädiert er für einen Ausbau der Mitbestimmung. Betriebsräten gibt er Tipps, wie sie Beschäftigte schützen können.

1. Arbeit 4.0 rollt auf die Betriebe zu. Was sind die größten Gefahren?

Die Entwicklung bedeutet für Betriebsräte und Gewerkschaften einen heftigen Umbruch, den es sozial zu gestalten gilt. Ganz entscheidend ist dabei die Sicherung von Beschäftigung und Qualifikation.

Weitere Bereiche sind die Gestaltung der Arbeitszeit ohne Entgrenzung der Arbeit und der Ausbau effektiven Datenschutzes. Daneben geht es darum, die Auswüchse von Crowdsourcing und auch Plattform-Ökonomie à la Uber zurückzudrängen. Denn die daraus entstehenden »neuen Formen der (Schein-)Selbständigkeit« führen häufig zu Beschäftigungsverhältnissen mit extrem unfairen Arbeitsbedingungen ohne jegliche Arbeitnehmerschutzrechte.

2. Reichen die bestehenden Mitbestimmungsrechte aus?

Ganz klar: Nein. Die Mitbestimmung muss in mehreren Bereichen spürbar ausgebaut werden: Z.B. bei der Beschäftigungssicherung, beim Datenschutz und auch bei der Fremdvergabe von Arbeitsaufgaben.

Zudem müssen die Arbeitsgrundlagen der Betriebsräte, z.B. mit der erleichterten Einschaltung von Sachverständigen, und die Beteiligungsmöglichkeiten der Beschäftigten verbessert werden.

Ein großes Manko in Zeiten der Globalisierung: Die Mitbestimmung ist, wenn man von den Europäischen Betriebsräten absieht, begrenzt auf nationale Regelungen. Auf internationaler Ebene fehlen Rechte für eine Vertretung der Arbeitnehmerinteressen. Hier können Gewerkschaften und Betriebsräte bisher nur zur Selbsthilfe greifen und sich weltweit vernetzen.

3. Was raten Sie Betriebsräten konkret?

Betriebsräte sollten die vorhandenen Möglichkeiten aktiv nutzen und sich nicht scheuen, ihre Rechte notfalls gerichtlich durchzusetzen. Sie müssen rechtzeitig wissen, was der Arbeitgeber plant und dies, insbesondere bei den oben genannten Themen, mit eigenen Vorschlägen mit ihm beraten und regeln. Dabei ist die Unterstützung ihrer Gewerkschaften unverzichtbar. Die Digitalisierung muss sozial gestaltet werden.

Interviewpartner:
Dr. Thomas Klebe ist Leiter des Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeitsrecht in Frankfurt am Main, Rechtsanwalt in der Kanzlei Apitzsch/Schmidt/Klebe und ehrenamtlicher Richter am Bundesarbeitsgericht, außerdem Verfasser und Herausgeber zahlreicher Veröffentlichungen.

Das Interview führte Jens Sobisch, Bund-Verlag.

Lesetipps der Online-Redaktion:

»Gute Arbeit – Ausgabe 2016: Digitale Arbeitswelt - Trends und Anforderungen«

1. Aufl. 2016, Bund-Verlag ca. 380 Seiten,
ISBN: 978-3-7663-6459-3

Vormerkbar, erscheint voraussichtlich 12/2015
Späterer Ladenpreis ca.: € 39,00

»Crowdwork - zurück in die Zukunft? – Perspektiven digitaler Arbeit«

herausgegeben von Christiane Benner, Bund-Verlag 2014, 420 Seiten, ISBN: 978-3-7663-6395-4

Preis: € 29,90

© bund-verlag.de (ls)

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