Grundsicherung

Verwandte ohne Zeugnisverweigerungsrecht

13. November 2014

Anders als in Strafprozessen haben Verwandte in Hartz IV-Verfahren vor dem Sozialgericht kein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht. Das gilt jedenfalls für Angaben zu Einkommen und Vermögen. So das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen. Wegen der hohen Zahl familiärer Bedarfsgemeinschaften ist die Entscheidung äußerst praxisrelevant.

Der Kläger, ein Langzeitarbeitsloser aus Köln, macht beim Sozialgericht Köln Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegenüber dem Jobcenter Köln geltend. Dieses lehnte Leistungen ab, weil der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Denn das Einkommen seines Stiefvaters würde auch den Bedarf des Klägers decken.

Vor Gericht macht der Mann geltend, er könne keine Angaben zum Einkommen seiner Mutter und seines Stiefvaters machen.

Verwandte müssen grundsätzlich nicht aussagen

Das Sozialgericht Köln wollte die Mutter und den Stiefvater als Zeugen vernehmen. Diese beriefen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verwandte bzw. Ehegatten von Verwandten.

Das Sozialgericht hatte festgestellt, dass weder die Mutter noch der Stiefvater ein Zeugnisverweigerungsrecht haben. Das Landessozialgericht (LSG) hat das nun bestätigt.
Grundsätzlich sei jeder verpflichtet, vor Gericht als Zeuge auszusagen, es sei denn, das Gesetz räume ihm ausdrücklich ein Recht ein, die Aussage zu verweigern. Grundsätzlich hätten zwar in gerader Linie Verwandte und Verschwägerte ein Zeugnisverweigerungsrecht.

Familiäre Vermögensangelegenheiten als Ausnahme

Das gelte jedoch nicht, wenn es um familiäre Vermögensangelegenheiten geht. Unter derartige familiäre Vermögensangelegenheiten falle auch die Frage, über welches Einkommen bzw. Vermögen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft verfügen, wenn dieses ggfs. auf den Hartz IV- Anspruch anzurechnen ist.

Die Beschlüsse sind rechtskräftig.

Quelle:

LSG NRW, Beschlüsse vom 10.11.2014
Aktenzeichen: L 19 AS 1880/14 B und L 19 AS 1906/14 B
PM des LSG NRW vom 10.11.2014

© bund-verlag.de - (jes)

Lesetipp der Online-Redaktion:

Geplante „Rechtsvereinfachungen im SGB II“: »Von Hartz IV zu Hartz V?« von Christoph Butterwegge in »Soziale Sicherheit (SoSi)« Ausgabe 6/2014, S. 233 - 235

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