Projekt: | Erfolgreiche Krisenbewältigung in der Insolvenz |
Bewerber/in: | Betriebsrat der Happich Fahrzeug und Industrieteile GmbH |
Beschäftigtenzahl: | ca. 130 |
Branche: | Innenausstattung für Nutzfahrzeuge |
Gewerkschaften: | IG Metall |
Stichworte zum Projekt
Motiv
Nach massiven Auftragseinbrüchen und aus Sicht der Belegschaft falschen unter nehmerischen Entscheidungen stehen die Happich Fahrzeug- und Industrieteile (HFI), Wuppertal, im Herbst 2008 vor der Zahlungsunfähigkeit. Der Betriebsratfordert die HFI-Geschäftsführung auf, entsprechende Strategien und Vorgehens weisen mitzuteilen, um so auf die weiteren Entscheidungen einwirken zu können.
Im Laufe der folgenden Monate finden verschiedene Gespräche mit Gläubigern und Lieferanten statt, und auch politische Entscheidungsträger werden mit eingebunden, um ein Fortbestehen des Unternehmens zu gewährleisten. Am 1.07.2009 stellt das Unternehmen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Vorgehen
Trotz mehrfacher Versuche des Betriebsrates die Folgen der Insolvenz mit möglichst geringen Nachteilen für die Belegschaft abzumildern, plant die alte Unternehmensleitung eine deutliche Reduzierung der Arbeitsplätze von 150 auf 101. Ein schlüssiges strategisches Konzept ist darin für den Betriebsrat nicht erkennbar. Bereits vor der akuten Krise gab es aus Sicht des Betriebsrates verschiedene Defizite im Unternehmen. Diese betrafen die Aufbau- und Ablauforganisation, unzureichende Strategien zur Markbearbeitung, eine zum Teil nicht transparente Kostensituation und einen nicht auf das Geschäft passenden Personalbestand.
Umgehend prüft der Betriebsrat die Möglichkeit, mit einem externen Beratungsunternehmen und mit Unterstützung der IG Metall ein Weiterführungskonzept in und für die Zeit nach der Insolvenz zu entwickeln. Der Betriebsrat bedeutet dem vorläufigen Insolvenzverwalter, dass eine reine Personalanpassung, um Kosten zu reduzieren, auf Widerstand treffen wird. Der Betriebsrat bietet aber an, aktiv bei einer strategischen Neuausrichtung und Reorganisation des Unternehmens mitwirken. Vorrangiges Ziel: Die Handlungsfähigkeit von HFI erhalten und Arbeitsplätze sichern.
Eine Belegschaftsinitiative wird gegründet, die ihre Zustimmung für die Erstellung eines Weiterführungskonzeptes gibt. Das externe Beratungsunternehmen, Betriebsrat und Führungskräfte des Unternehmens arbeiten eng zusammen, um die Zahl der Freistellungen zu minimieren und neue Chancen für den Fortbestand des Unternehmens zu entwickeln. Der Betriebsrat schafft es zudem, dass bei der Neubesetzung des Geschäftsführerpostens sein Favorit in leitender Position eingesetzt wird. Parallel laufen die Abstimmungen zwischen Insolvenzverwalter, Interessenvertretung und Geschäftführung über die neue Organisation und Struktur des Unternehmens. Die Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan werden aufgenommen. Dabei kann die Reduzierung der Arbeitsplätze deutlich gegenüber dem Konzept der alten Geschäftsführung verringert werden, sodass Ende 2009 immer noch 130 Arbeitsplätze im Unternehmen bestehen. Bis Ende des Jahres entwickeln sich die Chancen für einen Verkauf und damit den Fortbestand der meisten Arbeitsplätze positiv.
Ergebnisse
Nach Verhandlungen mit einem Kaufinteressenten, die im April 2010 abgeschlossen werden, liegt zum Zeitpunkt der Einreichung der Bewerbungsunterlagen ein Kaufvertrag für die HFI vor. Die Stellungnahmen des neuen Betriebsrates liegen zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor, werden aus Sicht des vorhergehenden Betriebsrates allerdings so bewertet, dass eine Zustimmung zum Kaufvertrag erfolgen wird. Im März und April 2010 handelt der Betriebsrat zudem einen Interessenausgleich und Sozialplan für weitere 14 Beschäftigte aus, die sich seit dem 1. Mai 2010 in einer Transfergesellschaft befinden. Trotz dieses erneuten Einschnitts wird der Betriebsrat im April 2010 bei den Betriebsratswahlen mit einer über 90-prozentigen Wahlbeteiligung deutlich bestätigt.