Sonderpreis Fair statt prekär - Deutscher Betriebsräte-Preis 2012

2012 SP Fair

Projekt: Rückführung aus der Servicegesellschaft
Bewerber/in: Betriebsrat der Klinikum Bayreuth GmbH
Beschäftigtenzahl: 2.300
Branche: Gesundheitswesen
Gewerkschaften: ver.di

Stichworte zum Projekt

  • Klinikum gründet Leiharbeitstochter. Mitarbeiter erhalten dadurch 30 % weniger Gehalt als Kollegen im Konzernunternehmen
  • Betriebsrat aktiviert Öffentlichkeit, erhöht Druck mit Unterschriftenaktion und erzielt schließlich Rückführung aller Beschäftigten in TVöD

Motiv

Im Jahr 2006 erfolgte am Klinikum Bayreuth die Gründung einer eigenen Leiharbeitsfirma als Klinikum Bayreuth Servicegesellschaft mbH. Anfänglich sollten maximal 10 % der beschäftigten Mitarbeiter über die Servicegesellschaft, die eine 100prozentige Tochter der GmbH war, eingestellt werden. Insgesamt waren laut Klinikleitung maximal 20 Einstellungen pro Jahr geplant. Es wurden jedochnach kurzer Zeit die Einstellungen aller Berufsgruppen – außer Ärzten und Führungskräften – über die Servicegesellschaft vorgenommen.
Der Personalstand in der Servicegesellschaft erreichte so im Jahr 2010 eine Höhe von ca. 340 Mitarbeitern. Die Mitarbeiter der Servicegesellschaft wurden nach Tarifvertrag IGZ bezahlt. Dies bedeutete für sie ca. 30 % weniger Gehalt als die Kolleginnen und Kollegen der Klinikum Bayreuth GmbH, die nach TVöD bezahlt werden, und dies bei gleicher Arbeit. »Verliehen« wurden die Mitarbeiter der Klinikum Bayreuth Service GmbH ausschließlich an die Klinikum Bayreuth GmbH.

Vorgehen

Aus Sicht des Betriebsrates ein unhaltbarer Zustand, da hier gleiche Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gehältern entlohnt wurden. Die Klinikleitung argumentierte mit dem wachsenden Kostendruck im Gesundheitswesen, steigenden Personalkosten und Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit. Der Betriebsrat hielt dagegen, dass eine untertarifliche Bezahlung dazu führen werde, dass die Klinik auf Dauer nicht genügend qualifiziertes Personal rekrutieren könne und damit insgesamt die Qualität der Versorgung an den Bayreuther Krankenhäusernleiden werde.
Das Gremium setzte sich daher das Ziel, durch permanenten Druck auf die Klinikum Bayreuth GmbH die Auflösung der Servicegesellschaft und Überführung der Mitarbeiter in die GmbH zu erreichen. Bereits sehr frühzeitig hatten die Vertrauensleute von ver.di unter Leitung des KBR-Vorsitzenden dann damit begonnen, diese differierenden Arbeitsbedingungen innerhalb eines Betriebes zu bekämpfen. Fast wöchentlich wurden die Bürger auf Infoständen in der Stadt Bayreuth mit Flugblättern und Transparenten und persönlichen Gesprächen auf die Situation aufmerksam gemacht. Die lokale Presse berichtete intensiv über die Vorgänge. Der Konzernbetriebsratsvorsitzende redete bei jeder sich bietenden Gelegenheit bei Parteien, Verbänden und Vereinen zum Thema Servicegesellschaft. Es wurden 2.686 Unterschriften gesammelt und den verantwortlichen Politikern öffentlich überreicht.
Insgesamt erstreckten sich die gesamten Aktivitäten des Betriebsrats auf einen Zeitraum von fünf Jahren. Hinzu kam, dass der KBR-Vorsitzende sich mehrmals gegen persönliche arbeitsrechtliche Schritte des Arbeitgebers gegen ihn zur Wehr setzen musste.

Ergebnisse

Schließlich führten die Proteste und umfassenden Maßnahmen innerhalb und außerhalb des Klinikums zu einer Erhöhung des Drucks auf den Aufsichtsrat der Klinikum Bayreuth GmbH.
Zum Januar 2011 wurde die Servicegesellschaft schließlich wieder aufgelöst.Für die rund 300 Mitarbeiter bedeutete dies, dass sie ab diesem Zeitpunkt wieder im Konzernunternehmen beschäftigt und in den TVöD überführt wurden.

Zusatzmaterialien:

Präsentation Klinikum Bayreuth