Top-Urteile

10 TOP-Urteile aus 2021 für den Betriebsrat

10. Dezember 2021
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Quelle: © Fontanis / Foto Dollar Club

Die Rechtsprechung hat trotz Pandemie auch in 2021 Schlagzeilen gemacht. Erste Landesarbeitsgerichte gewähren dem Betriebsrat ein Initiativrecht bei digitalen Einrichtungen. Kommt damit das Recht auf digitale Zeiterfassung? Das BAG ist nun gefragt. Hier eine Übersicht über die 10 Top-Urteile 2021.

1. BAG: Kurzarbeit Null verringert Urlaubsanspruch

In Unternehmen, in denen Kurzarbeit geleistet wurde, sind häufig ganze Arbeitstage ausgefallen. Dies muss nun bei der Berechnung des Jahresurlaubs berücksichtigt werden – so das BAG. Der Urlaub wird kürzer. Die Entscheidung wälzt damit die Lasten der Pandemie auf die Beschäftigten ab. Eine Urlaubskürzung wegen Kurzarbeit ist allerdings nur möglich, wenn die Kurzarbeit auch rechtlich wirksam eingeführt worden ist. Ist beispielsweise in der Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit nicht die zeitliche Dauer genannt und fehlen Regelungen zum Umfang der Kurzarbeit, könnte diese Vereinbarung unwirksam sein.

BAG 30.11.2021 – 9 AZR 225/21 

2. BAG: Vergütungspflicht für Umkleidezeit kann ausgeschlossen werden

Umkleidezeiten sind im Grundsatz Arbeitszeit und damit vergütungspflichtig. Allerdings kann die Auslegung des Tarifvertrags ergeben, dass Umkleide- und Wegezeiten nicht zu vergüten sind – so das BAG. Umso wichtiger ist es, dass – sofern es irgend möglich ist – Betriebsräte und Arbeitgeber über Betriebsvereinbarungen ordentliche Regelungen für die Vergütung von Umkleidezeiten treffen.

BAG 21.7.2021 – 5 AZR 572/20

3. BAG: Anlegen einer Uniform zu Hause ist keine Arbeitszeit

Wer schon zu Hause seine Dienstkleidung anlegt, obwohl auch der Arbeitgeber Räume und Zeit zur Verfügung stellt, hat keinen Anspruch auf zusätzliche Vergütung. Die Umkleidezeit zu Hause gilt in dem Fall nicht als Arbeitszeit. Geklagt hatten zwei Polizisten im öffentlichen Dienst. Zudem sei der Weg zur Arbeit - auch wenn er in Uniform angetreten werde - grundsätzlich nicht Teil der zu vergütenden Arbeitszeit.

BAG 31.3.2021 – 5 AZR 292/20

4. LAG Hamm: Betriebsrat kann digitale Zeiterfassung einfordern

Der Betriebsrat kann für den Betrieb die Einführung einer digitalen Zeiterfassung verlangen. Er hat einen Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Das LAG Hamm begründet diesen Anspruch nicht mit Europarecht, sondern allein mit § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Der regelt die Mitbestimmung bei der Einführung von technischen Einrichtungen und müsse dem Betriebsrat – so das LAG – damit auch ein Initiativrecht gewähren. Damit stellt sich das LAG klar gegen die langjährige Linie des BAG, das bislang bei § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Initiativrecht strikt abgelehnt hatte. Man darf gespannt sein, wie das BAG – bei dem die Revision anhängig ist – nun entscheiden wird.

LAG Hamm 27.7.2021 – 7 TaBV 79/20; siehe auch LAG München 10.8.2021 – 3 TaBV 31/21

5. BAG: Im Zweifel müssen Beschäftigte Krankheit nachweisen

Im Zweifel muss der oder die Beschäftigte den Beweis für die Krankschreibung antreten. Kündigt ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin von sich aus und wird am selben Tag arbeitsunfähig krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Bescheinigung auf Arbeitsunfähigkeit (AU) erschüttern. Dies gilt vor allem dann, wenn der Zeitraum passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst.

BAG 8.9.2021 – 5 AZR 149/21

6. BAG: Mindestlohn für ausländische Pflegekräfte

Pflegekräfte leisten oft 24-Stunden-Betreuung und bekommen wenig Geld. Häufig stammen sie aus Osteuropa. Den ausländischen Beschäftigten, die Senioren in ihren Wohnungen betreuen, stehe der gesetzliche Mindestlohn zu – so das BAG. Der Mindestlohn gilt nun auch für Bereitschaftszeiten, in denen die Pflegekräfte Betreuung auf Abruf leisten, in dem sie beispielsweise im Haushalt der Senioren wohnen und sich bei Bedarf Tag und Nacht bereithalten müssen, Arbeit zu leisten.

BAG 24.6.2021 – AZR 505/20

7. LAG Thüringen: Rechte der einzelnen Betriebsratsmitglieder

Jedes Betriebsratsmitglied muss Zugang zum Betriebsratsbüro und zu allen Unterlagen haben. Der Zugang kann ihm nicht verwehrt werden. Das Recht bezweckt auch, dass das einzelne Mitglied die Kolleginnen und Kollegen im Gremium kontrollieren können muss.

LAG Thüringen 29.6.2021 – 1 TaBVGa 1/21

8. LAG Köln: Mitbestimmung bei der Einführung von MS-Office 365

Wird die Software MS Office 365 unternehmensweit eingeführt und zentral administriert, ist der Gesamtbetriebsrat zuständig, nicht die jeweiligen örtlichen Betriebsräte. Dass im Falle einer solchen Softwareeinführung Mitbestimmungsrechte bestehen, war nicht wirklich streitig. Denn MS-Office ist dazu geeignet, das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten zu überwachen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG).

LAG Köln 21.5.2021 – 9 TaBV 28/20

9. LAG Hessen: Betriebsrat hat Recht auf Tablets für Videokonferenz

Der Betriebsrat kann nach dem neuen § 30 BetrVG seine Sitzungen per Videokonferenz abhalten, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Dafür benötigt er aber die nötige technische Ausstattung. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG (Sachaufwand des Betriebsrats) steht Betriebsräten das Recht zu, mit der notwendigen technischen Ausstattung auf Kosten des Arbeitgebers versorgt zu werden. Dass dieser Anspruch nun auch Tablets umfasst, hat das LAG Hessen bekräftigt.

Hessisches LAG 21.5.2021 – 16 TaBVGa 79/21

10. LAG Mecklenburg-Vorpommern: Fristlose Kündigung eines Ersatzmitglieds wegen Krankheit

Die fristlose Kündigung eines Ersatzmitglieds im Betriebsrat wegen häufiger Kurzerkrankungen kommt nur im Ausnahmefall in Betracht. Steht der oder die Beschäftigte etwa 2/3 des Jahres arbeitsfähig zur Verfügung, so ist die Kündigung unzulässig – so das LAG Mecklenburg-Vorpommern.

LAG Mecklenburg-Vorpommern 18.8.2021 – 3 Sa 6/21

© bund-verlag.de (fro)

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