Impfpflicht

Pflege: Ungeimpfte haben keinen Beschäftigungsanspruch

13. April 2022
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Quelle: © spuno / Foto Dollar Club

Eine Pflegeeinrichtung für Senioren darf Beschäftigte von der Arbeit freistellen, weil sie bislang keinen Nachweis einer Corona-Impfung vorgelegt haben. Ein Beschäftigungsverbot des Gesundheitsamts muss der Arbeitgeber nicht abwarten - so das Arbeitsgericht Gießen in einem Eilverfahren.

Darum geht es

Die Arbeitgeberin betreibt bundesweit Seniorenheime. Die Antragsteller sind bei ihr als Wohnbereichsleiter bzw. als Pflegefachkraft in ungekündigtem Arbeitsverhältnissen angestellt und sind beide nicht gegen SARS-CoV-2 geimpft.

Beide wurden mit Wirkung ab dem 16. März 2022 von der Arbeitgeberin ohne Fortzahlung der Vergütung freigestellt, weil sie bis zum 15. März 2022 entgegen § 20a Abs. 2 IfSG keine Impfung gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen und auch keinen Genesenennachweis vorgelegt hatten. Die Antragsteller halten die Freistellungen für rechtswidrig.

Sie beantragen im Wege der einstweiligen Verfügung ihre vertragsgemäße Beschäftigung in einem Seniorenheim.

Das sagt das Gericht

Das Arbeitsgericht Gießen wies den Antrag ab.

Zwar sehe § 20 a Abs. Abs.3 Satz 4 IfSG unmittelbar ein Beschäftigungsverbot im Falle der Nichtvorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nur für ab dem 16. März 2022 neu eingestellte Personen, nicht aber für bislang schon beschäftigte Personen vor.

Der Arbeitgeberin stehe es dennoch unter Zugrundelegung der gesetzlichen Wertungen des § 20 a IfSG im Rahmen billigen Ermessens frei, im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis der Bewohnerinnen und Bewohner eines Seniorenheims Beschäftigte, von der Arbeitsleistung freizustellen, die die weder geimpft noch genesen sind und der Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises nicht nachkommen.  

Gegenüber dem Interesse der Beschäftigten an der Ausübung ihrer Tätigkeit überwiege insofern das Interesse der Bewohnerinnen und Bewohner an deren Gesundheitsschutz.

Die Frage ob die Vergütung für die Zeit der Freistellung fortzuzahlen ist, war nicht Gegenstand der einstweiligen Verfügungsverfahren.

Hinweis für die Praxis

Auch wenn sie heftig umstritten ist, die Immunitätsnachweis-Pflicht gegen Covid für Beschäftigte in medizinischen und Pflegeeinrichtungen ist seit Mitte März in Kraft. Ob der Arbeitgeber schon zu einer unbezahlten Freistellung berechtigt ist, bis das Gesundheitsamt über ein Beschäftigungsverbot entschieden hat, wird voraussichtlich erst entschieden, wenn unbezahlt freigestellte Pflegekräfte ihr Gehalt einklagen.

Mehr dazu unter

Bundesverfassungsgericht: Impfpflicht in der Pflege bleibt vorerst bestehen (11.2.2022)

Impfpflicht für Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen beschlossen (10.12.2021)
 

© bund-verlag.de (ck)

Quelle

ArbG Gießen (12.04.2022)
Aktenzeichen 5 Ga 1/22 und 5 Ga 2/22
ArbG Gießen, Pressemitteilung vom 12.4.2022
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