Gesundheitsschutz in der Corona-Krise

Atemmaske

Gesundheitsschutz im Betrieb und im Homeoffice: Welche Pflichten hat der Arbeitgeber? Welche Maßnahmen muss er ergreifen? Und welche Rechte haben Arbeitnehmer? Dürfen sie Mundschutz tragen, obwohl der Arbeitgeber das verbietet? Hier beantwortet Prof. Dr. Wolfgang Däubler die wichtigsten Fragen.

  • Arbeits- und Gesundheitsschutz ist Sache des Arbeitgebers. Er muss die Beschäftigten vor jeglichen Gesundheitsgefährdungen schützen (§ 3 ArbSchG). Dazu gehört auch der Schutz vor gefährlichen Krankheiten – wie eben Corona. Doch wie genau soll das passieren? Der Arbeitgeber muss zunächst einmal die Beschäftigten unterweisen und ihnen erklären, welche Hygienemaßnahmen sie einhalten müssen (Händewaschen, Desinfektionsmittel nutzen, Abstand halten etc.). Geeignete Hygieneartikel und Desinfektionsmittel muss er bereithalten. Er muss dafür sorgen, dass alle Räume und Arbeitsplätze, einschließlich der Kantine, sauber gehalten werden.

    Der Arbeitgeber sollte – ggf. nochmals - eine Gefährdungsbeurteilung durchführen, um abzuschätzen, wie die Gefahrenlage aussieht und welche Schutzvorkehrungen konkret zu treffen sind, um die Gefahren der Infektionskrankheit für die Beschäftigten so gering wie möglich zu halten.

    Besteht – wie derzeit für die Corona-Pandemie – eine außergewöhnliche hohe Ansteckungsgefahr mit teilweise unabsehbaren Folgen, so kann es ein probates Mittel sein, ausnahmsweise auch ganze Abteilungen oder das gesamte Unternehmen ins „homeoffice“ zu schicken. 

  • Bei allen Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes muss der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG mitbestimmen, sofern der Arbeitgeber bei der konkreten Auswahl der Schutzmaßnahmen einen gewissen Spielraum hat.  Ein solcher Spielraum ist bei den Maßnahmen gegen Corona zweifelsfrei gegeben, weswegen sämtliche Maßnahmen mit dem Betriebsrat abzustimmen sind. Üblicherweise sollte der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Schutzmaßnahmen abschließen. Ist dies aufgrund der Eile und Dringlichkeit von Notfallmaßnahmen nicht mehr möglich, muss der Betriebsrat bei der Beratung und Ausarbeitung konkreter Maßnahmen jedenfalls beteiligt werden.

    Der Betriebsrat kann allerdings auch von sich aus tätig werden (Initiativrecht), falls der Arbeitgeber untätig ist. Er kann von sich aus bestimmte Maßnahmen oder die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung vorschlagen.

  • Der Arbeitgeber muss Maßnahmen für den Gesundheitsschutz ergreifen. Dazu verpflichtet ihn § 3 ArbSchG. Tut er das Gegenteil und ordnet Maßnahmen an, die zweifelsfrei dem Gesundheitsschutz entgegenstehen, so kann der Betriebsrat Unterlassung verlangen und diese notfalls vor Gericht per Unterlassungsklage durchsetzen.

    Anfang März 2020 lag dem Arbeitsgericht Berlin (55 BVGa 2341/20) ein Fall vor, in dem der Betriebsrat eines auf dem Berliner Flughafen tätigen Duty-Free-Shops sich gegen das Verbot des Arbeitgebers für alle Mitarbeiter wehrte, im Laden Mundschutz und Handschuhe zu tragen. Der Betriebsrat sah sein Mitbestimmungsrecht verletzt. Es erging kein Urteil, da der Arbeitgeber nachgab.

  • Der Arbeitgeber ist nach § 3 ArbSchG verpflichtet, die Arbeit so zu organisieren, dass eine Gefährdung für die Gesundheit der Beschäftigten möglichst vermieden oder gering gehalten wird. Was nun konkret für besondere Risikogruppen zu tun ist, um sie zu schützen, lässt sich nicht pauschal sagen. Eigentlich sind Beschäftigte verpflichtet zur Arbeit zu erscheinen, wenn nichts anderes mit dem Arbeitgeber (homeoffice, Urlaub etc.) vereinbart ist.

    Im Einzelfall sollte der Betriebsrat sich mit dem Betriebsarzt und dem Arbeitgeber zusammensetzen, um zu entscheiden, wie die Risikogruppen im Unternehmen geschützt werden können. In Betracht kommt, dass sie für eine bestimmte Zeit der Gefährdung frei gestellt werden oder eben von zuhause aus arbeiten können. Eine pauschale Lösung gibt es nicht.

  • Eigentlich nein. Denn das Anordnen von ärztlichen Untersuchungen ist nicht vom Direktionsrecht des Arbeitgebers umfasst. Daher muss eigentlich auch kein Beschäftigter einer solchen Anweisung Folge leisten. Allerdings kann natürlich ein infizierter Arbeitnehmer eine Gefahr für die Belegschaft darstellen. Daher sollte jeder Betriebsrat darauf hinwirken, dass beim Verdacht auf eine Infektion eine ärztliche Untersuchung anberaumt wird.

    Der Arbeitgeber kann im Falle des Coronavirus seine Beschäftigten auch nicht dazu verpflichten, sich impfen zu lassen, sobald ein Impfstoff erhältlich sein sollte. Das Recht steht ihm auch mit der üblichen Grippeschutz-Impfung nicht zu.

  • Klares ja. Der Arbeitgeber hat nicht nur für die Beschäftigten vor Ort im Betrieb, sondern auch im Homeoffice den Gesundheitsschutz sicher zu stellen. Allerdings finden nicht alle Schutzvorschriften auch für das Homeoffice oder die mobile Arbeit Anwendung. Nur wenn für den Arbeitnehmer zuhause ein vom Arbeitgeber fest und dauerhaft eingerichteter Arbeitsplatz besteht (sog. Telearbeitsplatz), dann gilt der gesamte Arbeitsschutz uneingeschränkt.

    Derzeit arbeiten viele allerdings mit mobilen Endgeräten von zuhause aus. Hierfür gilt die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättVO) nicht, allerdings die meisten Regelungen des ArbSchG wohl. So muss der Arbeitgeber eigentlich auch eine Gefährdungsbeurteilung für das digitale Arbeiten zuhause vornehmen, um die Gesundheitsgefährdungen einschätzen und bewerten zu können. Und um mögliche Präventionsmaßnahmen ergreifen zu können.

  • Die Umsetzung der Maßnahmen muss wegen der unmittelbaren Gefährdungslage sehr zeitnah erfolgen. Die Kosten für alle Maßnahmen des Arbeitsschutzes trägt gemäß § 3 Abs. 3 ArbSchG der Arbeitgeber.