Arbeitsrechtliche Fragen rund um Corona

Büro

Die Corona-Krise wirft zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen auf: Kann mich der Arbeitgeber in Quarantäne schicken? Habe ich Anspruch auf Lohn, wenn ich aus Angst vor einer Covid-19-Erkrankung zu Hause bleibe? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Arbeitsrecht finden Sie hier.

Die Fragen dazu beantwortet Prof. Dr. Wolfgang Däubler.

Zuletzt aktualisiert 11.2.2022

1. Erkrankung von Arbeitnehmern

  • Ja. Wer aus dem Urlaub oder von einer Dienstreise z.B. nach Afrika oder Polen zurückkommt, muss Auskunft darüber geben, ob er dort in einem Risikogebiet war. Meist wird dies schon daran deutlich, dass die betroffene Person nach der Einreise in Quarantäne muss oder sich „frei testen“ kann. Der Arbeitgeber und die Arbeitskollegen müssen wissen, ob Ansteckungsrisiken bestehen oder nicht. Dem entspricht es, dass bei Bewerbungsgesprächen die Bewerber seit jeher nach einer ansteckenden Krankheit gefragt werden dürfen. Eine allgemeine Frage: »Wo waren Sie im Urlaub?« ist dagegen nicht zulässig, da sie ausschließlich die Privatsphäre betrifft.

  • Jeder Arbeitnehmer hat seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen. Die Form spielt dabei keine Rolle, auch ein SMS kann genügen, doch muss der Arbeitnehmer sicherstellen, dass die Krankmeldung den Arbeitgeber nach menschlichem Ermessen auch wirklich erreicht.

    Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Kalendertage, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber spätestens am darauffolgenden Arbeitstag eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon früher zu verlangen, doch benötigt er für eine entsprechende generelle Praxis die Zustimmung des Betriebsrats. Allerdings kann sich der Arbeitgeber auch damit begnügen, die Vorlage erst zu einem späteren Zeitpunkt zu verlangen oder vorübergehend auf sie zu verzichten. Für beides kann sich der Betriebsrat im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG einsetzen.

  • Für Krankschreibungen ist an sich ein Arztbesuch notwendig. Es gilt jedoch bis 31. März 2022 wieder die Corona-Sonderregelung, wonach die Krankschreibung auch aufgrund eines Telefongesprächs mit dem Arzt erfolgen kann. Dieser hat sich eingehend nach den Symptomen zu erkundigen. Eine solche Krankschreibung wirkt nur für sieben Kalendertage und kann einmalig um weitere sieben Kalendertage verlängert werden.

  • Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, dem Arbeitgeber den Grund der Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen.

    Aber: Gefährliche und ansteckende Krankheitserreger unterliegen der behördlichen Meldepflicht nach dem Infektionsschutzgesetz. Das heißt: Stellt der Arzt bei der Diagnose einen entsprechenden Erreger fest, muss er dies unverzüglich unter Angabe von persönlichen Daten des Erkrankten dem zuständigen Gesundheitsamt mitteilen. Nach der Corona-Meldeverordnung müssen die Ärzte nicht nur die tatsächlichen Erkrankungsfälle von Corona, sondern auch Verdachtsfälle den zuständigen Behörden melden.

    Die Loyalitätspflicht nach § 241 Abs. 2 BGB verpflichtet den Arbeitnehmer bei ansteckenden und gefährlichen Krankheiten wie Covid 19, den Arbeitgeber entsprechend zu informieren. Nur so kann dieser möglichst schnell Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des Virus ergreifen und die anderen Mitarbeiter warnen. Arbeitnehmer sollten daher den Arbeitgeber über die eigene Infektion in Kenntnis setzen, der sie ja über das Gesundheitsamt nach einigen Tagen sowieso erfährt.

  • Der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmer von dem Coronavirus-Fall informieren, damit sie sich besser schützen können. Er muss insbesondere alle diejenigen informieren, die mit dem Erkrankten in Berührung gekommen sein könnten. Ist ein Betriebsteil vom restlichen Betrieb isoliert und kann man z. B. durch das Zugangskontrollsystem ausschließen, dass der Erkrankte dort war, so kann man diesen Teil von der Information ausnehmen.

    Der Name des Betroffenen darf aber in keinem Fall genannt werden; das ist für die Vorsorgemaßnahmen nicht erforderlich.

2. Lohnfortzahlung / Vergütung

  • Wer wegen einer Infektion mit dem Coronavirus arbeitsunfähig erkrankt ist und dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, hat wie bei anderen Krankheiten Anspruch auf sechs Wochen Entgeltfortzahlung.

  • Grundsätzlich nein, es sei denn, es liege ein Verhinderungsgrund nach § 616 BGB vor. Dann darf der Arbeitnehmer unter Fortzahlung der vollen Vergütung der Arbeit fernbleiben, wenn er vorübergehend aus Gründen, die in seiner persönlichen Sphäre liegen, an der Erbringung seiner Arbeitsleistung gehindert ist. Das ist zu bejahen, wenn die Gefahr besteht, dass er andere ansteckt. Zu prüfen ist aber, ob in dem anwendbaren Tarifvertrag die Verhinderungsgründe nach § 616 BGB enger bestimmt sind; dies würde dann nach der Rechtsprechung einen Anspruch ausschließen. Außerdem gibt § 616 BGB nur Ansprüche für fünf, in Ausnahmefällen für zehn Arbeitstage.

  • Sind Schulen oder Kitas aus Infektionsschutzgründen geschlossen und hat der Arbeitnehmer keine andere Möglichkeit der Kinderbetreuung, liegt an sich ein Verhinderungsgrund nach § 616 BGB vor, doch ist dieser ja von beschränkter Tragweite. Bis einschließlich 19. März 2022 erhält jedoch die zur Betreuung verpflichtete Person nach § 56 Abs. 1a Infektionsschutzgesetz von den Gesundheitsbehörden eine „Entschädigung“. Diese beträgt 67 % der Vergütung, darf die Obergrenze von 2.016 Euro nicht übersteigen und wird bis zu 20 Wochen pro Jahr bezahlt (§ 56 Abs. 2 Satz 4 Infektionsschutzgesetz).

  • Ja. Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer von der Arbeit freistellen und ihn zum Beispiel zum Testen schicken.

    Bis eine Infektion bzw. Erkrankung festgestellt wird, bleibt der Arbeitgeber zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Er ist dann im sogenannten Annahmeverzug, denn der Arbeitnehmer hat ja seine Arbeitsleistung angeboten.

    Wird eine Erkrankung festgestellt und der Arbeitnehmer arbeitsunfähig, hat er sechs Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

  • Arbeitnehmer, die unter amtlich angeordneter Quarantäne stehen oder dem sogenannten beruflichen Beschäftigungsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz unterliegen, sind von der Arbeitsverpflichtung befreit. Anstelle der vereinbarten Vergütung erhalten sie – für die ersten sechs Wochen – eine Entschädigung in Höhe des Nettogehalts (§ 56 Abs. 2 Satz 1 Infektionsschutzgesetz). Der Arbeitgeber muss dazu beim Gesundheitsamt einen entsprechenden Antrag stellen und dann die Entschädigung dem Arbeitnehmer auszahlen. Dauert die Quarantäne länger, erfolgt die Auszahlung direkt von der Behörde; die Höhe beträgt dann nur noch 67 %.

  • Bevor der Betrieb Kurzarbeit einführt: Bietet der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung an, die der Arbeitgeber jedoch nicht benötigt, behält der Arbeitnehmer, auch ohne zu arbeiten, seinen Vergütungsanspruch. Alle mit der Pandemie verbundenen wirtschaftlichen Folgen (keine Kundenaufträge, keine Kunden, Stillstand des Betriebs) gehören zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers. Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers bleibt bestehen. Davon macht das BAG allerdings eine wichtige Ausnahme: Wird der Betrieb im Rahmen eines Lockdown durch behördliche Anordnung geschlossen, so greift die Lehre vom Betriebsrisiko nicht ein (BAG 13.10.2021 – 5 AZR 211/21). Der Arbeitnehmer hat also keinen Entgeltanspruch mehr und ist auf Kurzarbeit angewiesen. Für geringfügig Beschäftigte besteht dieser Ausweg nicht, da sie nicht arbeitslosenversichert sind: Sie müssen von ihren Ersparnissen leben oder Hartz IV in Anspruch nehmen.

3. Arbeitszeit

  • Überstunden können angeordnet werden, wenn sich das aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag ergibt.

    Ansonsten kann der Arbeitgeber einseitig Überstunden nur in wirklichen Notfällen anordnen – wenn z. B. im Betrieb ein Feuer ausgebrochen ist und man einzelnen Gegenstände retten muss.

    Will der Arbeitgeber in der Corona-Krise Überstunden anordnen, weil zu viele Mitarbeiter krankheitsbedingt ausgefallen sind, so wird man eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag annehmen können, in einem solchen Fall einzuspringen. Nur: Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bleibt bestehen. Es muss also verhandelt werden. In aller Regel wird eine schnelle Einigung möglich sein. Nur wenn der Haussegen aus anderen Gründen schief hängt, wird das Verfahren langwierig, und es muss eine Einigungsstelle entscheiden.

    Überstunden, die angeordnet oder gebilligt werden, muss der Arbeitgeber bezahlen. Mindestens erhält der Arbeitnehmer den Grundlohn – wenn weder Arbeitsvertrag noch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung Überstundenzuschläge vorsehen.

    Verhandeln Betriebsräte gerade eine Betriebsvereinbarung, sollten sie möglichst Zuschläge für Überstunden vereinbaren.

  • Ja. Grundsätzlich sind die Höchstgrenzen des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten. Das sind die Höchstarbeitszeiten pro Tag (in der Regel 10 Stunden), die Ruhezeiten (in der Regel 11 Stunden), die Grenzen der Nachtarbeit sowie die Sonntags- und Feiertagsruhe.

    Allerdings können diese Grenzen überschritten werden; die Voraussetzungen dafür sind in § 14 ArbZG festgelegt. Erfasst sind Notfälle und „außergewöhnlichen Fälle“, die unabhängig vom Verhalten des Arbeitgebers eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind. Das umfasst insbesondere auch den Fall der Behandlung, Betreuung und Pflege von Menschen.

4. Urlaub

  • Nein. Ist der Urlaub gewährt, gibt es keine Möglichkeit, diesen einseitig zu widerrufen.

    Eine Ausnahme ist aber denkbar: Ohne die Weiterarbeit des Arbeitnehmers würde der Betrieb „zusammenbrechen“ und könnte seine Aufgaben nicht mehr erfüllen. In der derzeitigen Coronakrise könnte man sich das vorstellen für hochspezialisierte Lungenärzte in Krankenhäusern oder bei ähnlichen „systemrelevanten“ Arbeitnehmern.

    Achtung: Hat der Arbeitgeber den Urlaub von Arbeitnehmer A bewilligt und Arbeitnehmer B als Vertretung eingeplant und wird jetzt Arbeitnehmer B krank, so berechtigt das den Arbeitgeber nicht, den Urlaub von Arbeitnehmer A zu widerrufen. Ein solches organisatorisches Problem ist kein Notfall; der Arbeitgeber muss eine andere Lösung finden.

  • Nein. Ist der Urlaub gewährt, kann der Arbeitnehmer nicht mehr zurück. Hat der Arbeitgeber also die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers erfüllt, ist dieser an seinen festgelegten Urlaub gebunden.

    Nur in Notfällen hat der Arbeitnehmer das Recht, eine Veränderung des bereits genehmigten Urlaubs zu fordern – aber auch dann muss der Arbeitgeber ausdrücklich damit einverstanden sein oder zumindest die Arbeitsaufnahme dulden. Ein solcher Notfall liegt aber nicht vor, wenn der Arbeitnehmer eine bereits geplante Reise in Coronazeiten aufgrund der behördlichen Reise- und Ausgangsbeschränkungen nicht antreten kann.

    Achtung – auch in der Coronakrise gilt: Erkrankt ein Arbeitnehmer während eines genehmigten und angetretenen Urlaubs, werden die Tage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet, für die der Arbeitnehmer durch ärztliches Attest nachweisen kann, dass er arbeitsunfähig erkrankt war.

  • Der Grundsatz lautet: Der Arbeitnehmer entscheidet, wann und wie lange er Urlaub nimmt. Zu berücksichtigen hat er die Regelungen aus dem Bundesurlaubsgesetz und aus dem Arbeitsvertrag. Beachten muss er natürlich auch die im Betrieb mit dem Betriebsrat abgestimmte Urlaubsplanung.

    • Entscheidet in der Coronakrise der Arbeitgeber selbst, seinen Betrieb zu schließen, berechtigt ihn das nicht, für diese Zeit die Arbeitnehmer in Zwangsurlaub zu schicken. Der Arbeitgeber trägt das Betriebsrisiko, da kein Fall der hoheitlichen Schließung vorliegt. Der Arbeitgeber hat in diesem Fall theoretisch nur die Möglichkeit, mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zu schließen und Betriebsferien zu vereinbaren. Aber: Auf die Schnelle geht hier gar nichts. Betriebsferien können nur mit ausreichendem Vorlauf eingeführt werden, meist mehrere Monate. Damit kann der Arbeitgeber auf die Coronakrise nicht mit kurzfristig anberaumten Betriebsferien reagieren.
    • Ist der Arbeitgeber aufgrund behördlicher Anordnung verpflichtet, seinen Betrieb zu schließen, ist eher davon auszugehen, dass der Arbeitgeber aus dringenden betrieblichen Gründen Betriebsferien anordnen könnte und deshalb mit dem Betriebsrat eine entsprechende Betriebsvereinbarung schließt. Allerdings haben die Betriebsferien für ihn den Nachteil, dass er die Vergütung fortbezahlen muss, gleichzeitig aber wegen der Betriebsschließung keine Einnahmen hat. Das kann er nicht lange durchhalten, weshalb er Kurzarbeit bevorzugen wird. Diese ist derzeit auch dann möglich, wenn nicht zuerst der Jahresurlaub in Anspruch genommen wird.

5. Dienstreise

  • Ja. Es gibt kein explizites Verbot. Allerdings sind Dienstreisen – zumindest ins Ausland – aufgrund der vielen Beschränkungen kaum noch realisierbar. Und auch im Inland sind die meisten Veranstaltungen abgesagt. Wenn möglich, finden die Termine als Video- oder Telefonkonferenz statt. 

  • Am 17. März 2020 hat das Auswärtige Amt eine weltweite Reisewarnung ausgesprochen. Der Arbeitgeber darf damit aufgrund seiner Fürsorgepflicht für den Arbeitnehmer zumindest keine Dienstreise mehr ins Ausland anordnen. Falls er das doch tut, hat der Arbeitnehmer das Recht, die Reise zu verweigern.

    Ansonsten gilt: Dienstreisen muss der Arbeitnehmer nur durchführen, wenn er arbeitsvertraglich dazu verpflichtet ist oder er mit der Dienstreise einverstanden ist.

  • Aktuell können Dienstreisen ohnehin kaum stattfinden – die meisten Grenzen sind dicht, Veranstaltungen wurden abgesagt oder finden im Rahmen von Videokonferenzen statt, da ist eine gefahrlose Teilnahme auch aus dem Homeoffice möglich.

    Wenn eine Reisetätigkeit wieder möglich ist, gilt folgendes:

    Der Arbeitnehmer ist zur Arbeit verpflichtet; ordnet also der Arbeitgeber eine Dienstreise an, darf sich der Arbeitnehmer dieser nicht verweigern. Auch nicht, wenn er Angst hat, sich möglicherweise anzustecken. 

    Es gibt aber Ausnahmen – denn der Arbeitnehmer soll für das Erbringen der Arbeitsleistung nicht sein Leben gefährden:

    • Hat das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung für den Zielort/das Zielland ausgesprochen, muss der Arbeitnehmer diese Dienstreise nicht antreten.  
    • Auch wenn keine offizielle Reisewarnung vorliegt, die Dienstreise für den Arbeitnehmer aber eine konkrete Gesundheitsgefahr darstellt, muss er sie nicht antreten. Das gilt zum Beispiel für Arbeitnehmer mit Vorerkrankungen, deren Immunsystem bereits stark geschwächt ist. Denn in solchen Fällen gilt: bei der Interessenabwägung hat die Gesundheit des Arbeitnehmers Vorrang vor den dem wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers.

6. Personelle Maßnahmen

  • Der Arbeitgeber kann einen Arbeitnehmer grundsätzlich versetzen, auch wenn dieser damit nicht einverstanden ist. Der Arbeitgeber ist weisungsbefugt und kann bestimmen, wo, wann und was der Arbeitnehmer zu tun hat – soweit Arbeits- oder Tarifverträge keine Grenzen ziehen und solange er bei einer solchen Maßnahme auch die Interessen des Arbeitnehmers berücksichtigt.

    Ordnet der Arbeitgeber z.B. an, dass der Arbeitnehmer, der bisher ausschließlich in der Betreuung auswärtiger Kunden tätig war, während der Corona-Krise in die Arbeitsgruppe Innendienst wechseln soll, liegt eine Versetzung vor. Diese wird leichter akzeptiert, wenn auf diese Weise der Bezug von Kurzarbeitergeld hinausgezögert wird.

    Wichtig für Betriebsräte: Unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist oder nicht, ist der Betriebsrat bei jeder Versetzung zu beteiligen und umfassend zu informieren. Nach § 99 Abs. 2 BetrVG kann er außerdem aus den dort genannten Gründen seine Zustimmung verweigern.

  • Nein. Zwar sind personenbedingte Kündigungen wegen einer Erkrankung des Arbeitnehmers durchaus möglich. Aber: Der Arbeitgeber darf nur dann eine krankheitsbedingte Kündigung aussprechen, wenn die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen vorliegen. Dazu gehört als erstes die sogenannte negative Gesundheitsprognose. Das heißt: Eine vorliegende Krankheit von erheblicher Dauer oder großer Häufigkeit wird sich voraussichtlich auch in Zukunft nicht bessern. Eine Covid-19-Erkrankung kann in relativ schweren Fällen mehrere Wochen dauern. Danach ist die Krankheit überwunden; das sog. Long-Covid-Syndrom ist auf Ausnahmefälle beschränkt. Da die große Mehrheit der mit Covid Infizierten nach einiger Zeit wieder gesund ist, kann von einer negativen Gesundheitsprognose nicht die Rede sein. In Einzelfällen kann sich dies im Laufe der Zeit ändern.

  • Fehlverhalten oder eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten kann eine Kündigung rechtfertigen. Erscheint ein Arbeitnehmer nicht bei der Arbeit, erfüllt er seine arbeitsvertragliche Pflicht (= Erbringen der Arbeitsleistung) nicht mehr. Damit liegt die Grundvoraussetzung für eine verhaltensbedingten Kündigung vor.

    Aber: Der Arbeitnehmer darf die Erbringung der Arbeitsleistung nach § 275 Abs. 3 BGB verweigern, wenn ihm diese unzumutbar ist. Wissen muss der Arbeitnehmer aber: Damit ist der Wegfall des Gehalts verbunden!

    • Bestehen im Betrieb konkrete Anhaltspunkte einer Infektionsgefahr wie z. B. eine laxe Handhabung der Schutzvorkehrungen, so ist dem Arbeitnehmer das Erscheinen am Arbeitsplatz nicht zumutbar. Lässt sich die Verletzung arbeitsschutzrechtlicher Vorschriften belegen, steht dem Arbeitnehmer sogar ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zu mit der Folge, dass er auch Fortzahlung der Vergütung verlangen kann.
    • Auch Arbeitnehmern, die ein höheres Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf haben und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen sind, ist es nicht zumutbar, die Arbeitsstätte aufzusuchen.
    • Das hat zur Folge: Der Arbeitgeber darf diese Arbeitnehmer nicht abmahnen oder ihnen kündigen, weil sie nicht zur Arbeit kommen. Er muss besonders gründlich prüfen, ob nicht eine Arbeit im Homeoffice möglich ist. Unter Umständen kommt auch ein „Tausch“ der Art in Betracht, dass ein anderer Arbeitnehmer in den Betrieb kommt und der „Gefährdete“ dann zu Hause arbeiten kann. 

     

    Eine ganz abstrakte Befürchtung, man könne sich evtl. in der Arbeit oder auf dem Weg dorthin anstecken, macht das Erbringen der Arbeitsleistung aber nicht unzumutbar. Denn das Wegerisiko trägt der Arbeitnehmer. In diesem Fall kann der Arbeitgeber eine Abmahnung aussprechen. Im Wiederholungsfalle kann dann auch eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein. Aber auch hier muss erst nach einem milderen Mittel gefragt werden: Homeoffice und Abbau von Zeitguthaben kommen hier in erster Linie in Betracht.

  • Eine betriebsbedingte Kündigung wegen wirtschaftlicher Beeinträchtigungen ist auch in der Corona-Krise nur möglich, wenn ihre spezifischen Voraussetzungen gegeben sind. So müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen und die Kündigung darf nicht unverhältnismäßig sein, weil mildere Mittel genügen würden.

    • Dringende betriebliche Erfordernisse müssen dazu führen, dass Arbeitsplätze auf Dauer wegfallen. In der jetzigen Situation ist dies für Unternehmen nicht absehbar. Die Infektionsgefahr wird wieder zurückgehen und damit auch die Folgen für viele Unternehmen. Wirtschaftlich stabile Unternehmen können einen solchen Einbruch ohne weiteres überstehen.
    • Und auch in Zeiten von Corona gilt: Eine Kündigung muss das letzte Mittel sein, das der Arbeitgeber einsetzt. Bevor man ernsthaft an eine betriebsbedingte Kündigung denkt, müssen erst einmal anderen Maßnahmen versucht werden. Dies betrifft neben dem Abbau von Überstunden insbesondere Kurzarbeit, die gerade für solche Fälle gedacht ist.