Teilnehmer am Deutscher Personalräte-Preis 2021

Projekt: Vom 19. ins 20. Jahrhundert - Mitbestimmung jetzt auch im Aufsichtsgremium von Thüringens größtem Wasserversorger
Bewerber/in: Personalrat der Thüringer Fernwasserversorgung AöR
Beschäftigtenzahl: 201 bis 500
Projektzeit: 1/2019 bis 3/2021

 

Kurzbeschreibung
Im Aufsichtsgremium ist künftig ein Beschäftigtenvertreter Teil des Gremiums

Motiv
Die Thüringer Fernwasserversorgung (TFW) AöR befindet sich zu zwei Dritteln im Eigentum und in Trägerschaft des Landes Thüringen, zu einem Drittel in dem der Kommunen. Seit Gründung der Anstalt 2003 waren im Aufsichtsgremium – dem sogenannten Verwaltungsrat – ausschließlich Landesbeamte und Spitzenpolitiker der Thüringer Ministerien sowie Werkleiter und Vorsitzende der Wasserverbände vertreten. Die Rot-Rot-Grüne Landesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag vom Dezember 2014 auf die Fahnen geschrieben, die Aufsichtsführung der TFW transparenter und demokratischer zu gestalten und wollte deshalb das der Anstalt zugrundeliegende sogenannte TFW-Gesetz novellieren. Der Referentenentwurf vom August 2018 enthielt keinerlei betriebliche Mitbestimmung im Verwaltungsrat. Der Personalrat (PR) legte eine gut begründete Stellungnahme vor, zwei Mandate für Arbeitnehmervertreter im Verwaltungsrat zu schaffen – ohne Reaktion vom Thüringer Umweltministerium; der im November 2018 vom Parlament an dessen Umweltausschuss überwiesene Gesetzesentwurf der Landesregierung (Kabinettsfassung) hielt am neunköpfigen Verwaltungsrat in der bisherigen Zusammensetzung fest. Ende 2018 stellte die Dienststelle im Monatsgespräch die Möglichkeit eines „Arbeitnehmerbeisitzers mit Zuhörerrechten“ in Aussicht. Der PR strebte weiterhin eine Erweiterung des Verwaltungsrats an.

Vorgehen
Der PR informierte zunächst über einen Aushang am Schwarzen Brett die Belegschaft über die Bedeutung des Anliegens. In einem Schreiben an den Thüringer Landtag forderte der PR mehrere Beschäftigtenmandate im Verwaltungsrat der TFW und versendete im parlamentarischen Anhörungsverfahren eine eigene Stellungnahme mit gut begründeten Änderungsvorschlägen zum Gesetzesentwurf an den Umweltausschuss des Thüringer Landtags. Diese wurde in Einzelgesprächen mit den umweltpolitischen Sprechern der drei größten Landtagsfraktionen untermauert und vertiefend inhaltlich begründet. Die Spitze des Umweltministeriums und die Dienststellenleitung der TFW lehnten die Argumentation ab, u.a. mit dem Hinweis, dass die Entscheidungs- und die Umsetzungsebenen bei der TFW klar getrennt zu halten waren – so wie bisher. Der politische Durchbruch auf Koalitions-Ebene kam im Sommer 2019: zeitgleich mit einem neuen Mandat für einen Vertreter des PR erhielt die Landesseite ein zusätzliches siebtes Mandat im Verwaltungsrat. Am 5.7.2019 wurde das Gesetz mit einer Stimme Mehrheit vom Thüringer Landtag verabschiedet.

Ergebnis
Der PR kann nun per Beschluss einen Vertreter/eine Vertreterin in den Verwaltungsrat entsenden. So ist sichergestellt, dass bei strategischen Grundsatzentscheidungen ein Beschäftigtenvertreter inhaltlich eingebunden ist und die Entscheidungsfindung mitgestalten kann, wie das Auswahlverfahren zur Bestellung eines neuen zweiten Dienststellenleiters. Dieses wurde durch das entsandte PR-Mitglied im Rahmen der Personalfindungskommission des Verwaltungsrats zwischen September 2020 und März 2021 wesentlich mitgestaltet.