Preisträger Gold - Deutscher Betriebsräte-Preis 2013

Gold_2013

Projekt: Papierpark Zanders
Bewerber/in: Betriebsrat der Metsä Board Zanders GmbH
Beschäftigtenzahl: 500
Branche: Papierhersteller
Gewerkschaften: IG BCE

Stichworte zum Projekt:

  • Betriebsrat verhindert Schließung des Unternehmens und erarbeitete ein „Papierparkkonzept“, das Standort, Produktion und Beschäftigung sichert
  • Erfolg durch proaktive Vorgehensweise, enge Einbindung der Belegschaft, hohen Organisationsgrad, laufende Marktbeobachtung und Kampagnenfähigkeit

Motiv

Die auf die Herstellung von Spezialpapiere ausgerichtete Papiermühle Metsä Board Zanders GmbH verarbeitet in Bergisch-Gladbach derzeit jährlich rund 110.000 Tonnen Material. Beschäftigt werden rund 500 Mitarbeiter, die bereits in den Vorjahren massiv mit den Auswirkungen von Überkapazitäten auf dem Weltmarkt und den Folgen der Wirtschaftskrise sowie einem wiederholten Wechsel in den Eigentumsverhältnissen des ehemals familiengengeführten Traditions-Unternehmens konfrontiert wurden.
Im Frühjahr 2011 gab die Konzernleitung am Kapitalmarkt bekannt, mit Ende des Jahres 2011 komplett aus der Papierproduktion auszusteigen. Danach wären der überwiegende Teil der Produktion und zentrale Produktionsanlagen geschlossen und eventuell verkauft worden. Dies hätte einen Personalabbau von bis zu 400 Mitarbeitern bedeutet. Im Endeffekt wäre dies gleichbedeutend mit dem Einstieg in eine Komplettschließung über mehrere Etappen gewesen.
Der Betriebsrat des Papierherstellers zeigte sich durch jahrelange Vorarbeit und viele Vereinbarungen auf diese Situation gut vorbereitet. Bereits Anfang 2010 hatte er eine Rahmenvereinbarung mit dem Konzernvorstand geschlossen. Diese sollte das Weiterbestehen durch die Konzentration auf Spezialpapiere und die schrittweise Weiterentwicklung des Geschäfts durch neue innovative Produkte ermöglichen. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es Überlegungen zu einem „Papierparkkonzept“.

Vorgehen

Nachdem 2011 die Schließungspläne bekannt wurden, setzte der Betriebsrat auf seinen vorhandenen Konzepten auf und begann umfangreiche Verhandlungen mit der Arbeitgeberseite.
Kern des Projektes war die Umsetzung eines sogenannten Papierparkkonzeptes, das bereits in 2010 vorbereitet worden war. Nach diesem Konzept fertigen am Standort mehrere Eigentümer als einzelne Unternehmen Papier und nutzen sowie teilen sich dazu die vorhandene Infrastruktur und Ressourcen. 
So erwirkte der Betriebsrat bereits seit 2004 immer wieder unterschiedliche Vereinbarungen, die den Ausschluss von Komplett- oder Teilschließung, Verkauf von wesentlichem Geschäft und wesentlichen Produktionsanlagen regelte. Hierin wurde auch das Recht des Betriebsrats verbrieft, den Standort selbstständig veräußern zu dürfen, falls der Konzern eine Schließung ernsthaft erwägen muss. Hierauf aufbauend wurde eine Vereinbarung zur Zukunftsentwicklung unmittelbar mit dem Vorstandsvorsitzenden des Konzerns abgeschlossen, die dann als Geschäftsgrundlage für deutsche Vereinbarungen dient und die strategische Ausrichtung festlegt. Zudem hatte sich das Gremium frühzeitig mit der Marktentwicklung beschäftigt, um so direkt auf mögliche Schritte des Arbeitgebers reagieren zu können.
Das Gremium suchte den gezielten Kontakt zu den Medien und bezog aktiv Politik und Behörden mit ein. Hinzu kam die enge Vernetzung mit der IG BCE und externen Beratern. Der Betriebsrat startete erfolgreich eine intensive überregionale Medienkampagne, die den Konzern so unter Druck setzte, dass dieser eine Medienagentur einschaltete. In der Folge führte dies dazu, dass das Unternehmen seine Strategie bei Zanders und letztlich sogar den „verbrannten“ Konzernnamen wechselte. 
In einem weiteren Schritt wurde ein „runder Tisch“ unter Einladung und Moderation der Politik eingerichtet, zu dem sich der finnische Vorstandsvorsitzende selbst einfand. Dieser bewertete das „Papierparkkonzept“ positiv und realisierte intensive Unterstützung für die Umsetzung. Der Konzern versuchte dieses Votum zunächst zu umgehen, um das eigene Ziel rechtlich durchzusetzen, so dass vor dem endgültigen Beginn des Projekts „Papierparks“ im Sommer 2012 noch eine mehrmonatige rechtliche Auseinandersetzung inklusive einberufener Einigungsstelle geführt werden musste. 
Um immer in der Lage zu sein, für alle Beteiligten tragfähige Lösungen zu entwickeln, arbeitete das Gremium intensiv mit dem örtlichen Management zusammen und hielt selbst Kontakt zu Kunden, Wettbewerbern und Investoren.

Ergebnisse

Der Betriebsrat hat die Schließung des Standortes verhindert. Die Papiererzeugung und der Standort bestehen nach wie vor fort. Es liegt eine Beschäftigungsgarantie für die Laufzeit von 2,5 Jahren vor.
Alle Maschinen sind noch am Standort und der Personalabbau war mit 170 Mitarbeitern erheblich geringer als vom Unternehmen gefordert und konnte trotz schwieriger Situation fast vollständig sozialverträglich über Freiwilligenprogramme gelöst werden. Nur 30 betriebsbedingte Kündigungen wurden ausgesprochen. 
Das Papierparkkonzept gibt dem Konzern die Möglichkeit, unter Beteiligung des Betriebsrates nach tragfähigen Investorenlösungen zu suchen, da der Standort als Ganzes sich als nicht verkäuflich erwiesen hat. Dieses Konzept wird heute verfolgt und Zanders ist der erste „Papierpark“ weltweit. Nach Investoren wird derzeit mit gutem Ausblick gesucht. Es wird weiter – auch nach der Definition des Konzerns – in Bergisch Gladbach Papier produziert.
Der Betriebsrat hat eine beteiligungsorientierte Vorgehensweise gewählt und dafür eine hohe Akzeptanz von den Mitarbeitern des Standorts und allen Stakeholdern, und von den Kunden erfahren. Bei den Mitarbeitern ist diese Zustimmung seit Jahren einerseits erkennbar an der Wahlbeteiligung zu Betriebsratswahlen, dem hohen gewerkschaftlichem Organisationsgrad von fast 95%, der hohen Beteiligung an gewerkschaftlichen Veranstaltungen und der generellen täglichen Unterstützung des Betriebsrats. Hinzu kommen ein niedriger Krankenstand und eine hohe Motivation der Belegschaft. Weitere Stakeholder, insbesondere aus der Kommune und dem Land, wurden vom Betriebsrat - nicht zuletzt im Rahmen eines „Runden Tisches“ – zur Zukunftsentwicklung involviert. 
Der wichtigste Erfolgsfaktor aus Sicht des Gremiums war, dass vor allem über die gewerkschaftlichen Vertrauensleute immer die Belegschaft komplett über Entwicklungen und Herausforderungen und über die Politik und Strategie des Betriebsrates informiert und einbezogen wurde.