Nominierung: Deutscher Betriebsräte-Preis 2013

Projekt: Gefährdungsbeurteilung psychischer Faktoren
Bewerber/in: Betriebsrat der Landbäckerei Ihle GmbH & Co.KG
Beschäftigtenzahl: 2.500
Branche: Bäckerei
Gewerkschaften: NGG


Stichworte zum Projekt

  • Die gesundheitlichen Belastungen in Backbetrieben sind enorm. Eine überdurchschnittlich hohe Zahl von Arbeitsunfällen und krankheits bedingten Ausfällen ist eine sichtbare Folge davon.
  • Der Betriebsrat entwickelte eine Betriebsvereinbarung für eine Gefährdungsbeurteilung und setzte diese entgegen allen Widerständen erfolgreich durch.
  • Die Gefährdungsbeurteilung umfasst dabei sowohl psychische als auch technische Faktoren.

Motiv

Aufgrund sehr starker Arbeitsbelastung kommt es in den Betrieben der Landbäckerei Ihle – unter anderem auch wegen Burnout – zu langen Fehlzeiten und Ausfällen. Der Krankenstand ist überdurchschnittlich hoch und liegt z.T. bei 10%. Ein weiteres Problem ist die hohe Zahl an Arbeitsunfällen. Da die Geschäftsleitung nicht bereit war, die Situation zu entschärfen, beschloss der Betriebsrat, den Missständen im Sinne der Belegschaft entgegenzutreten.

Vorgehen

Der Betriebsrat ging systematisch und mehrstufig vor. Zunächst ließ sich das Gremium qualifiziert schulen. Dann wurde zusammen mit der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) ein Plan zur künftigen Vermeidung bzw. Reduzierung der hohen Arbeitsbelastung entwickelt. Sodann holte sich der Betriebsrat einen Sachverständigen, welcher der Geschäftsführung zusammen mit der Berufsgenossenschaft eine Betriebsvereinbarung (BV) für eine technische und psychische Gefährdungsbeurteilung vorlegte. Nur in einer Einigungsstelle konnte die Interessensvertretung dies gegen alle Widerstände auch erfolgreich durchsetzen.
Die BV zur Gefährdungsbeurteilung vom Juni 2012 gibt klare Handlungsanweisungen hinsichtlich Veranlassung und Durchführung der Beurteilung psychischer und technischer Faktoren. Die Fragebögen zur psychischen Beurteilung enthalten auch Fragen zur Zusammenarbeit mit Kollegen und Führungskräften, zu Zeitdruck und Betriebsklima, ferner zu Arbeitsunterbrechungen und arbeitsorganisatorischen Problemen. Bei der technischen Beurteilung drehen sich die Fragen unter anderem um mechanische und elektrische Gefährdungen, aber auch um Gefahren durch biologische und andere Arbeitsstoffe.
Ziel beider Beurteilungen ist es, festzustellen, wie Gefahrenquellen vermieden bzw. beseitigt werden können und welche konkreten sicherheitstechnischen und organisatorischen Maßnahmen dazu sinnvoll ergriffen werden müssen. Die Betriebsparteien informierten die Belegschaft vier Wochen nach Abschluss der Auswertung über das Ergebnis der Beurteilungen.
Die Auswertungen zeigten deutlich, dass die Mitarbeiter mit ihren Arbeitsumständen sehr unzufrieden sind. Dem Betriebsrat war wichtig, diese Unzufriedenheit nicht nur festgestellt zu wissen, sondern sie als Ansporn zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen zu nutzen. Daher veranstaltete die BGN Workshops, um erstens die Arbeitssicherheit kontinuierlich zu verbessern und zweitens einen wirksamen betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz zu installieren. Zahlreiche Mitarbeiter nahmen an den Workshops teil.
Als weitere konkrete Maßnahme richtete der Betriebsrat einen Steuerkreis ein, der verbindliche Qualifizierungsmaßnahmen für Vorgesetzte aufstellte, Belastungen für die Mitarbeiter ermittelte und Wege entwickelte, wie diese abgestellt werden können.

Ergebnisse

Dem Betriebsrat ist es gelungen, die gesundheitlichen Belastungen über eine in einer entsprechenden Betriebsvereinbarung verankerte Gefährdungsbeurteilung qualitativ und quantitativ feststellen zu lassen– und zwar sowohl hinsichtlich technischer als auch psychischer Gefahren.
Belegschaft und Führungskräften werden Workshops und andere Fortbildungen angeboten. Diese helfen, Arbeitsbelastungen frühzeitig zu erkennen, zu verringern und – sofern möglich – abzustellen.