Sonderpreis Gute Arbeit - Deutscher Betriebsräte-Preis 2013

2013 SP Gute Arbeit

Projekt: Belastungsorientierte Dienstplanung
Bewerber/in: Betriebsrat der Rheinbahn AG
Beschäftigtenzahl: 2.731
Branche: ÖPNV
Gewerkschaften: ver.di

 

Stichworte zum Projekt:

  • Ein hoher Krankenstand und viele Arbeitsausfälle sind die sichtbarsten Auswirkungen der gesundheitlichen Belastung im Fahrdienst der Rheinbahn AG. Die Folgen bekommen auch die Fahrgäste zu spüren.
  • Der Betriebsrat machte sich mit beachtlichem Erfolg für eine arbeitnehmerfreundliche Dienstplangestaltung und die rasche Einstellung neuer Kolleginnen und Kollegen stark.

Motiv

Die gesundheitlichen Belastungen der Beschäftigten im Fahrdienst (Bus, Stadtbahn, Straßenbahn) sind außerordentlich hoch und führen bei der Rheinbahn AG zu branchentypisch vielen Arbeitsausfällen. 
Hintergrund sind auch die Herausforderungen des demografischen Wandels. Im Betrieb sind 43,3% der Beschäftigten 50 Jahre oder älter. Das Durchschnittsalter beträgt 46,2 Jahre.
Der Betriebsrat setzte sich das Ziel, eine dauerhaft längere Verweildauer im Fahrdienst zu erreichen und gleichzeitig den hohen Krankenstand zu reduzieren.

Vorgehen

Um seine Ziele zu erreichen, ging der Betriebsrat in sieben aufeinander aufbauenden Schritten vor:

  1. In einer „Ist-Aufnahme“ ermittelte der Betriebsrat eine ganze Reihe relevanter Daten:
    • Überstundenaufkommen und Ansammlung auf den Mehrleistungskonten
    • Krankenstand und dessen Verteilung auf die Altersgruppen
    • Ermittlung der vorhandenen Dienstmasse und Arbeitszeitverteilung
    • Messung und Auswertung der Fahrtzeiten
       
  2. Um die Belastung durch Mehrarbeit zu reduzieren, vereinbarte der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber bereits in dieser frühen Projektphase, für den Fahrdienst sofort 25 Mitarbeiter zusätzlich einzustellen.
     
  3. Mithilfe eines Fragebogens erfasste, analysierte und bewertete der Betriebsrat die individuellen Belastungsfaktoren jeder einzelnen Dienstschicht. Dass vorgegebene Fahrtzeiten in der Praxis häufig nicht eingehalten werden können, erwies sich als besonders relevanter Belastungsfaktor.
     
  4. Eine Fahrzeitenmessung bestätigte, dass die vorgesehenen Fahrtzeiten oft nicht eingehalten werden können. Der Betriebsrat einigte sich daher mit dem Arbeitgeber, dass hinsichtlich der Fahrzeiten sofort neue Vorgaben erarbeitet und die Fahrzeiten bei den nächsten Fahrplanwechseln in drei Stufen erhöht werden. Außerdem wurden weitere 58 neue Mitarbeiter über Plan eingestellt.
     
  5. Ein besonders innovativer Aspekt des Projektes ist die vom Betriebsrat entwickelte „Belastungsampel“: Aus den Ergebnissen der Belastungsanalyse wurde eine Matrix entwickelt, die Belastungen bewertet und jedem Dienst schon in der Planungsphase eine Gesamtbelastungspunktzahl gibt. Anhand dieser Gesamtpunktzahl wird ein Dienst optisch „grün“, d.h. wenig belastend, „gelb“, also belastend, oder „rot“ – als Dienst mit erheblicher Belastung – dargestellt.
     
  6. Auf Grundlage der bisherigen Projektarbeit wird aktuell eine Betriebsvereinbarung ausgehandelt. Deren Kern ist die Etablierung der Belastungsampel als maßgebliches Kriterium für die Dienstplangestaltung. Der Betriebsrat möchte darin auch verbindlich festlegen wie die „roten Dienste“ in Zukunft reduziert werden.
     
  7. Da die Betriebsparteien mit der neuen Dienstplangestaltung neue Wege in der Branche gehen, werden Betriebsrat und Unternehmensleitung die Maßnahmen bereits nach zwölf Monaten auf ihre Wirkung hin prüfen und ggf. Anpassungen und Verbesserungen vornehmen.

Ergebnisse

Die Belastungsampel hilft, zu starke Belastungen im Dienst schon bei der Diensterstellung zu vermeiden und das Arbeitsvolumen gleichmäßig auf alle FahrerInnen zu verteilen. Der Krankenstand sank im Projektverlauf deutlich und die Zufriedenheit der Belegschaft stieg. Der Arbeitgeber stellte im Zuge des Projektes insgesamt 83 neue FahrerInnen ein.
Der Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Dienstplangestaltung ist noch für 2013 vorgesehen. Der belastungsorientierte Dienstplan soll mit Fahrplanwechsel September 2013 beginnen.
Die bisher umgesetzten Fahrzeitanpassungen haben bereits zu mehr Pünktlichkeit und somit zu einer spürbaren Verbesserung für die Fahrgäste der Rheinbahn geführt.

Zusatzmaterialien:

Betriebsvereinbarung Dienstplangestaltung