Preisträger "Sonderpreis Innovative Betriebsratsarbeit"

Betriebsrat der Robert Bosch GmbH, Stuttgart
► Projekt: "Digitales Lernen als Tor zur Transformation"

► Bericht in "Mitbestimmung" 4/2020

„Wir haben Rahmenbedingungen hergestellt, um allen Kolleg*Innen die digitale Qualifizierung zu ermöglichen und einen rechtlichen Anspruch auf drei Arbeitstage selbstbestimmtes Lernen während der Arbeitszeit geschaffen."

Mustafa Kalay, Betriebsrat

Daten und Stichworte zum Projekt

Projekt:

Digitales Lernen als Tor zur Transformation

Bewerber/in: Betriebsrat Robert Bosch GmbH, Stuttgart
Beschäftigtenzahl: mehr als 1000
Branche: Automoblilzulieferer
Gewerkschaften: IG Metall

 

Stichworte zum Projekt

  • Betriebsrat fordert enge Einbindung der Beschäftigung beim Digitalen Lernen
  • In Lernlaboren werden Kenntnisse und Erfahrungen für die Gestaltung und praktische Umsetzung des Digitalen Lernens gesammelt.
  • Betriebsvereinbarung regelt zentrale Rahmenbedingungen und Beteiligungsmöglichkeiten
     

Motiv
Betriebliche Weiterbildung wird in der Debatte um Industrie 4.0 zwar vielfach als grundlegend bezeichnet, in der Praxis wird sie aber - etwa gegenüber der Entwicklung von Technologien - eher vernachlässigt, insbesondere gibt es kaum Angebote für die Beschäftigten in der Produktion. Das Unternehmen wollte firmenweit Digitales Lernen einführen. Ziel des Betriebsrates war es nun, zuvor eine Vielzahl von Fragen zu klären, damit die neuen digitalen Lernformate allen Beschäftigten zu verlässlichen Konditionen zur Verfügung stehen und gemeinsam gestaltet werden können. Zu Beginn blieb das Unternehmen aber zahlreiche Antworten, die von Seiten des Betriebsrats zur Umsetzung und Ausgestaltung gestellt wurden, schuldig.

Vorgehen
Aus Sicht des Gremiums sollte daher zuvor geklärt werden, wie gute Arbeits- und Lernbedingungen aussehen, was die Beschäftigten sich wünschen und was an Regelungen überhaupt erforderlich ist, um Digitale Qualifizierung mit Zukunft zu erreichen. Deshalb verständigte es sich mit dem Arbeitgeber auf die Einrichtung von Lernlaboren. Deren vorrangiges Ziel war es, Erfahrungen zu IT-gestützten Lernformen zu erkennen und zu regeln. Für den wissenschaftlich begleiteten und evaluierten Lernlaborbetrieb über einen Zeitraum von fünf Monaten wurde eine Gesamtbetriebsvereinbarung abgeschlossen. Fünf Standorte nahmen daran teil, darunter zwei aus der Produktion. An den fünf Standorten wurden paritätisch besetzte "lokale Steuerkreise" eingerichtet. Diese ermöglichten eine breite Beteiligung von Arbeitnehmerseite und den intensiven Austausch.

Ergebnisse
Das Ergebnis der Lernlabore ist der Abschluss einer bundesweiten Konzernbetriebsvereinbarung für die Robert Bosch GmbH inkl. der Tochtergesellschaften. Die Standorte können über eine Beauftragung der KBV beitreten. Mitarbeiter*innen erhalten drei Arbeitstage im Jahr für selbstbestimmtes Lernen. Das Unternehmen ist verpflichtet, für jeden Standort eine digitale Weiterbildungsstrategie vorzulegen und damit verbunden differenziert nach Beschäftigtengruppen Weiterbildungsbedarfe zu ermitteln und Lernpfade zu definieren. In der Vereinbarung wird auch beschrieben, dass an den Standorten die Funktion/Rolle eines Lernbegleiters*in eingerichtet wird. Die Lernbegleiter*innen haben die Aufgabe, die Kollegen*innen bei digitalen Lernprozessen zu unterstützen. Dazu zählt neben der Beratung über die vorhandenen Angebote die Unterstützung in der digitalen Qualifizierung (individuellen Lernbedarf feststellen, Lernwege entwickeln, über Lernklippen hinweghelfen). Lokale Steuerkreise am Standort sowie ein zentraler Steuerkreis sichern eine mitbestimmte, arbeitnehmerorientierte Weiterentwicklung des Lernens. Sie sind schließlich auch Teil einer neuen Lernkultur im Unternehmen.