Goldpreisträger 2019

Hauptpersonalrat der Polizei Schleswig-Holstein
Projekt: Verkürzung der Wochenarbeitszeit für langjährig Schichtdienstleistende

► Ausführlich vorgestellt in "Der Personalrat" 1/2020

"Der Hauptpersonalrat der Landespolizei in Schleswig-Holstein erfuhr beinahe täglich von hohen Belastungen und Unzufriedenheiten in der Kollegenschaft. Beides führte und führt zu nachweisbar steigendem und hohem Krankenstand. Seit vielen Jahren arbeitet unser Gremium legislaturübergreifend an Ideen und deren konkreter Umsetzung zur Entlastung, zur Senkung des Krankenstandes und zur Gesundheitsförderung. Politik, Polizeiführung, sehr unterschiedliche örtliche Personalräte und Kolleginnen und Kollegen wurden mitgenommen und überzeugt. Das vertraute und intensive Zusammenwirken mit der GdP führte zu Dienstvereinbarungen und Wochenarbeitszeitverkürzungen im Schichtdienst – GdP und Personalrat - zwei Seiten einer Medaille zugunsten unserer Kolleginnen und Kollegen! "

Der Vorstand des Hauptpersonalrates
mit Andreas Kropius, Vors. (Mitte) und Torsten Jäger, 2. Vors. (re.)

Daten und Stichworte zum Projekt

Bewerber/in:

Hauptpersonalrat der Polizei Schleswig-Holstein

Projekt:

Verkürzung der Wochenarbeitszeit für langjährig Schichtdienstleistende

Beschäftigtenzahl:

über 1000

Projektzeit:

Mai 2012 bis Januar 2019

 

Kurzbeschreibung

Hauptpersonalrat erreicht, dass Wochenarbeitszeit von 48 auf 44 Stunden für langjährig Schichtdienstleistende reduziert wirdü

Motiv

2012 häuften sich drastische Beschwerden der Mitarbeiter. Es gab Brandbriefe über kaum vorstellbare Belastungssituationen, Hilfeschreie „Wir können nicht mehr“, der Krankenstand war sehr hoch und stieg ständig, die Mitarbeiter fühlten sich alleingelassen. Musste Mitarbeitern Dienstfrei kurzfristig abgelehnt werden, gab es sehr heftige Reaktionen vonseiten der Mitarbeiter. Der Hauptpersonalrat (HPR) suchte nach Wegen, diese hohe Belastung zu mindern, die Gesundheit zu fördern und den Krankenstand zu senken.

Vorgehen

Der HPR gründete eine Arbeitsgruppe „Gesundheitsmanagement“, die sich zum Ziel setzte, die Gesundheit und Zufriedenheit der Mitarbeiter zu fördern, die Überschreitung gesundheitsgefährdender Belastungsgrenzen künftig zu vermeiden, den Arbeitgeber zu motivieren und zu überzeugen, dass Gesundheitsförderung für die Zufriedenheit der Mitarbeiter wichtig ist und schließlich, bessere Rahmenbedingungen für die Gesundheitsförderung zu schaffen. Die Arbeitsgruppe geht hierbei von einer ganzheitlichen Betrachtung aus und differenziert nach 3 Präventionsmethoden: Verhaltensprävention (z. B. Stress, Sport, Work-Life-Balance), Verhältnisprävention (z.B. Nachtarbeit/Arbeitszeit, Familie und Beruf) sowie Systemprävention (z.B. Motivation, sich kümmern, Umgang mit (psychisch) Kranken). Bei den Zielen stimmte er sich mit den örtlichen Personalvertretungen ab und es ergab sich, dass es bei den Personalräten unterschiedlich ausgestaltete Gesundheitstage gab und dass Gesundheitszirkel nur sehr sporadisch existierten. Die Ideen und Erkenntnisse stellte er in der Behörden- und Amtsleiterrunde vor. Daneben gab es über Jahre personalrätliche Aktionen zusammen mit den Gewerkschaften, um die Polizeiführung und Politik auf die aktuelle Situation der hohen Arbeitsbelastung, auch ausgelöst durch den Schichtdienst, zu sensibilisieren: Der geplante Stellenabbau wurde scharf kritisiert und es wurde intensiv auf die Belastungen der Mitarbeiter eingegangen. Auf einer Belastungskonferenz zum Thema „Damit unsere Polizei auch zukünftig einsatzfähig bleibt“ kritisierte die renommierte Diplompsychologin und Arbeitswissenschaftlerin Hiltraud Grzech-Sukalo die 41-Stunden-Woche im Wechselschichtdienst: „Damit ist ein gesunder und sozialverträglicher Schichtdienst überhaupt gar nicht möglich.“ Bei dieser eintägigen, von großem Medieninteresse begleiteten Veranstaltung wurde Arbeitszeit und ureigenes Erleben in 4 Arbeitsgruppen aufgearbeitet, am Ende wurden die Ergebnisse und Analysen der gesamten Polizeiführung Schleswig-Holstein vorgestellt. Es wurde gefordert, dass die Wochenarbeitszeit für Schichtdienstleistende auf 35 Stunden und deren Lebensarbeitszeit auf das 55. Lebensjahr reduziert werden. Zudem sollen gesündere Arbeitszeit- und Schichtmodelle geschaffen und die Entschädigung für Schichtdienstbelastungen deutlich verbessert werden.

Ergebnis

Zum 1.3.2018 wurde die Arbeitszeitverordnung in Schleswig-Holstein verändert. Die neue Fassung des § 10 der Arbeitszeitverordnung SH regelt nun, dass für Beamte und Beamtinnen im Wechselschichtdienst die regelmäßige Wochenarbeitszeit stufenweise von 41 Stunden auf max. 36 Stunden für langjährig Schichtdienstleistende reduziert wird. Ist die Anspruchsgrundlage von 10 oder 20 Jahren Tätigkeit im Wechselschichtdienst erreicht, ist bei nachfolgender Teilzeitbeschäftigung ab einer Mindesthöhe von 50% der regelmäßigen Arbeitszeit (durchschnittliche Wochenarbeitszeit) eine anteilige Arbeitszeitermäßigung auf Grundlage der vereinbarten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit vorzunehmen. Rüst- und Umziehzeiten gelten jetzt als Dienst- und Arbeitszeit und die Dienstzeit beginnt mit dem Betreten der Dienststelle und endet beim Verlassen der Dienststelle. Des Weiteren wurden Dienstvereinbarungen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement und zur Gewährleistung von Freizeitausgleich abgeschlossen.