Betriebsrat der Merck KG aA, Darmstadt
Projekt: §28a - Demokratie wagen
► Ausführlich vorgestellt in "Arbeitsrecht im Betrieb" 1/2020
Foto ©Eva Speith, Darmstadt
Projekt: | §28a - Demokratie wagen |
Bewerber/in: | Betriebsrat der Merck KG aA, Darmstadt |
Beschäftigtenzahl: | mehr als 1000 |
Branche: | Pharma |
Gewerkschaften: | IG BCE |
Stichworte zum Projekt
Motiv
Aufgrund eines zwischenzeitlichen BAG-Urteils war es für das Unternehmen nicht möglich, mehr als die gesetzliche Anzahl von Betriebsräten anzuerkennen. Statt bisher 45 hatte das Gremium bei der Neuwahl des Gremiums im April 2018 nur noch 37 Betriebsratsmandate zur Verfügung. Gleichzeitig plante das Unternehmen eine gravierende Veränderung in der Konzernstruktur. Das Gremium sah sich mit einer komplexer werdenden Unternehmensstruktur und damit einer deutlichen Steigerung des Arbeitsvolumens konfrontiert. Gleichzeitig waren die Mandate für den Betriebsrat begrenzt. In den letzten Jahren hatten die Betriebsräte bereits gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Arbeitsgruppen und Einbindung von zusätzlichen Kollegen in die Betriebsratsarbeit nach §28a BetrVG gesammelt. Das Ziel war nun, die Anwendung von Arbeitsgruppen nach §28a BetrVG in den Begleitvereinbarungen zur neuen Konzernstruktur festzuschreiben und auszuweiten.
Vorgehen
Ein Verhandlungsteam des Betriebsrats nahm Gespräche mit dem Unternehmen zum Abschluss einer Begleitvereinbarung für die Veränderungen der Unternehmensstruktur auf. Es kam zum Abschluss eines Eckpunktepapiers zur Weiterentwicklung des Standortes Darmstadt. Der wichtigste Punkt darin war der Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen während der Transformationsphase bis 31.12.2021.Wie im Eckpunktepapier vereinbart, verhandelten nun die Sozialpartner über den Tarifvertrag. Nach langen und intensiven Verhandlungen folgte man den Argumenten der Arbeitnehmervertretung. Mit dem Aufzeigen der betriebswirtschaftlichen Konsequenzen bei einer Aufspaltung in einzelne Betriebsteile hatte das Gremium Erfolg. Von Unternehmensseite kam das klare Bekenntnis zur Nutzung des §28a, um die Kapazität und die Fachkompetenz für die Betriebsratsarbeit sicherzustellen.
Ergebnisse
Der neue Tarifvertrag über die Bildung eines unternehmens- und standortübergreifenden Betriebsrates i.S.d. §3 Abs. 1 Nr.3 BetrVG konnte am 24. Januar 2018 zwischen den Sozialpartnern BAVC und IG BCE abgeschlossen werden. Geregelt wird darin eine einheitliche Interessenvertretung über alle Standorte, die Anzahl der Mandate und zusätzliche Freistellungen. Weiterhin wurde die Schaffung eines einheitlichen Betriebs für die Standorte definiert. Außerdem wurde ein eigener Paragraph für die Ausschüsse des Betriebsrates und Arbeitsgruppen nach §28a BetrVG aufgenommen. Die konkrete Ausgestaltung der Ausschüsse und Arbeitsgruppen wurden über eine Rahmenvereinbarung und die Geschäftsordnung geregelt. In Ergänzung zum Tarifvertrag wurde für die Umsetzung der Strategie eine „Umsetzungsvereinbarung über eine gemeinsame Strategie zur Förderung der Betriebsratsarbeit“ mit dem Unternehmen abgeschlossen. Darin geregelt sind die organisatorischen Maßnahmen für den Betriebsrat und die Geschäftsstelle sowie die Vereinbarung zur Übertragung von Aufgaben auf Arbeitsgruppen nach §28a BetrVG. Hervorzuheben ist in dieser Vereinbarung die Erklärung, ein gemeinsames Verständnis der Führungskräfte für die Betriebsratsarbeit zu fördern und sicherzustellen.